Heute spielten Karpaty auswärts bei LNS, einem starken Team, das sich da befindet, wo Karpaty eigentlich sein wollen: im oberen Drittel mit Anschluss zur Spitzengruppe. In Lviv herrscht aktuell nur noch Frust über die schlechten Leistungen des Teams in den letzten Spielen, und es wird immer häufiger gefragt, ob die Rekrutierungspolitik „der richtige oder gar keiner“ in der Sommerpause wirklich zielführend war, während die Konkurrenz sich z.T. erheblich verstärkt hatte. Wie dem auch sei: wie eigentlich immer zählte heute nur ein Sieg. Auf der Bank bei LNS saß übrigens Vitalij Ponomaryov, der noch in der Vorsaison bei Rukh tätig gewesen war, und in der Startformation standen die bei Karpaty aussortierten Yevhenij Pastukh und Artur Ryabov.

Bei Karpaty fehlten weiterhin die Langzeitverletzten Tymur Stets’kov und Andrij Bulesa. Jean Pedroso musste ein Spiel mit Gelbsperre absitzen. Oleh Fedor, Volodymyr Adamyuk, Pavlo Polehenko, Ivan Tschaban und Yaroslav Karabin hatten aufgrund von Verletzungen in der vergangenen Woche getrennt vom Team trainiert. Frisch ausgefallen durch Verletzungen waren Yan Kostenko, Diego Palacios und Jurij Kokodynyak. Dafür war Oleksij Sytsch endlich zurück. Polehenko war immerhin noch für die Bank fit genug. Auffällig war die sehr dünn besetzte Ersatzbank – die lange Verletztenliste war offenbar nicht durch Spieler aus der Jugendmannschaft ersetzt worden. Trainer Vladyslav Lupaschko, um dessen Job es wohl in diesem Spiel heute ging, musste er heute auf der Tribüne sitzen, da er nach einem emotionalen Ausbruch am Ende des letzten Spiels von der Liga eine Sperre bekommen hatte. Statt seiner war Co-Trainer Serhij Lavrynenko an der Seitenlinie.
- Nasar Domtschak (TW)
- Oleksij Sytsch (RV)
- Vladyslav Babohlo (IV)
- Mykola Kyrytschok (IV)
- Denys Miroschnitschenko (LV)
- Pablo Álvarez (ZDM)
- Artur Schakh (RW)
- Bruninho (RZM)
- Patricio Tanda (LZM)
- Paulo Vitor (LW)
- Ihor Krasnopir (MS)
Auf der Bank saßen:
- Roman Mysak (TW)
- Ambrosij Tschatschua (ZM)
- Fabiano (LW)
- Pavlo Polehenko (RV)
- Vladyslav Klymenko (RV)
- Igor Neves (MS)
Während des Spiels kamen noch Ambrosij Tschatschua (Artur Schakh), Igor Neves (Ihor Krasnopir), Vladyslav Klymenko (Bruninho) zum Einsatz.

Karpaty gingen defensiver als sonst ins Spiel, was angesichts der großen Verletzungssorgen auch nicht überraschend war. LNS kam zu seiner ersten richtigen Torchance nach 6 Minuten, wo Domtschak einen harten aber nicht sehr präzisen Schuss aus 15 Metern abwehren konnte. Und das gab auch die Richtung vor, in die das Spiel weitgehend verlief. Bei eigenem Ballbesitz gelang den Karpaty-Spielern auch nicht viel, meist folgte gleich ein Abspielfehler, und das Team musste wieder verteidigen. Den heute in rotschwarz spielenden Grünweißen blieb erst einmal nichts anderes übrig, als auf Konterangriffe zu setzen; das Spiel dominierte LNS.
Das erste Tor fiel nach 24. Minuten. Überraschenderweise aber nicht für LNS. Karpaty hatten ihren ersten Eckstoß des Spiels, der aber wirkungslos blieb, und Paulo Vitor schlug den abgeprallten Ball einfach mal aus der Distanz diagonal in den Strafraum, wo Torhüter Oleksij Palamartschuk herausstürmte, ihn an der Strafraumgrenze aus der Luft pflücken wollte, ihn dann aber losließ. In dem darauf folgenden Chaos kam schließlich Krasnopir an den Ball und schoss ihn zwischen den Verteidigern hindurch ins leere Tor – 0:1.
Dieser Spielstand stellte natürlich den gesamten bisherigen Spielverlauf auf den Kopf. Aber lange Zeit zur Freude blieb auch nicht, denn in Tscherkassy war Luftalarm, und dank der Raschisten mussten Spieler und Zuschauer erst einmal den Schutzraum aufsuchen.
Nach Wiederanpfiff übernahm LNS schnell wieder das Kommando. Nach 32 Minuten wurde Torwart Domtschak vom Schiedsrichter wegen Zeitspiel ermahnt, was ihn offenbar etwas aus dem Tritt brachte, so dass er direkt im Anschluss einen Ball zwischen den Beinen hindurch zu einem Eckstoß über die Linie ließ. Der Eckstoß brachte richtig Gefahr, und Domtschak konnte sich gleich mit einer wirklich sehenswerten Parade rehabilitieren.
Es war aber auch weiterhin weitgehend ein Spiel auf ein Tor, und das konnte einem Angst machen, da die Defensive ja nun wirklich nicht die stärkste Seite bei der Grünweißen ist. Nach 45 Minuten, bei einem der seltenen Gegenangriffe, kam Miroschnitschenko im Strafraum zu Fall. Der Schiedsrichter ließ zunächst weiterspielen, konsultierte dann aber den VAR. Wie die Wiederholung zeigte hatte Miroschnitschenko einen Fuß am Schienbein abgekommen – technisch ein Kontakt, aber ob genug für einen Elfmeter, galt es jetzt zu klären. Die Entscheidung am Ende war, dass es keinen Regelverstoß gegeben hatte, und das Spiel lief weiter. Es ging mit der sehr schmeichelhaften knappen Führung in die Pause.
Es ging ohne personelle Veränderungen in die zweite Hälfte, und LNS griff sofort wieder an. Aber lange wurde nicht gespielt, die Raschisten bescherten Spielern und Zuschauer schon nach 48 gespielten Minuten die nächste Zwangspause.
Nach Wiederanpfiff wirkte LNS erst einmal nicht so dominant wie im bisherigen Spiel. Es wurder von beiden Seiten härter, und es folgte eine Reihe gelber Karten – Domtschak, Álvarez, Miroschnitschenko und Krasnopir – alle innerhalb eines recht kurzen Zeitraums. Das war besonders schmerzhaft, weil sowohl Álvarez als auch Miroschnitschenko somit im nächsten Spiel gegen Kryvbas gelbgesperrt fehlen werden.
Nach 59 Minuten wurde zum ersten Mal gewechselt – für Schakh kam Tschatschua, der für den nach außen rückenden Bruninho seine Position im zentralen Mittelfeld bezog. 10 Minuten später ersetzte Igor Neves positionsgerecht Ihor Krasnopir. Generell gelang es den Grünweißen in dieser Phase etwas besser, dagegen zu halten und auch zu eigenen Offensivaktionen zu kommen, dies aber ohne sich in der Defensive zu entblößen.
Nach 81 Minuten kam Bruninho nach schöner Vorarbeit von Tschatschua direkt am Fünfmeterraum an den Ball, drehte sich auf der Stelle und scheiterte schließlich an einem starken Reflex von Palamartschuk. Nur wenig danach brannte es auf der anderen Seite, und Muharrem Jaschari kam aus kurzer Distanz zum Schuss, schloss präzis ab und hätte eigentlich den Ausgleich erzielen müssen – wenn da nicht ein schier unglaublicher Reflex von Nasar Domtschak gewesen wäre.
Es waren noch 4 Minuten in der regulären Spielzeit zu spielen, immer noch stand es 0:1. Dann folgten 5 Minuten Nachspielzeit. Für Bruninho kam Klymenko. Und zwei Minuten vor Abpfiff war erneut die Sirene zu hören, die dritte Zwangspause dank der Mörder und Banditen des „Brudervolks“.
Eine unerträglich lange Pause später wurde erneut angepfiffen für die noch verbleibenden 2 Minuten. Es blieb bei diesem überraschenden knappen Auswärtssieg für Karpaty.
Fazit
Man konnte diesem Spiel ansehen, dass für beide Mannschaften viel auf dem Spiel stand. Karpaty waren als Außenseiter in dieses Spiel gegangen – allein schon bedingt durch die Position in der Tabelle, aber auch durch die Personalsituation angesichts der vielen Verletzten. Entsprechend war es von Anfang an eine Abwehrschlacht – ein ganz ungewohntes Spiel für die sonst immer um Initiative und Spielkontrolle bemühten Grünweißen.
Der Führungstreffer war ein Freak-Tor, und die Hausherren drängten für den Rest des Spiel praktsich ununterbrochen auf den Ausgleichstreffer. Dabei steigerten sich Karpaty dann über den Spielverlauf und zeigten ungewohnt starkes Defensivverhalten. Besonders hervorzuheben ist hier wieder einmal der erst 17-jährige Nasar Domtschak im Tor, der sich zwar einen Fehler geleistet hatte, der zu einem Eckball führte, aber mit hervorragenden Reflexen, präzisen Pässen auf seine Mitspieler und, wenn es nötig war, auch per Kopf vor dem eigenen Strafraum immer wieder zum Retter seines Teams wurde.
Lob verdient auch – vielleicht überraschend für viele – der Brasilianer Paulo Vitor, dessen Verpflichtung im Sommer ja einige Kritik hervorgerufen hatte. Er war unentwegt auf seiner linken Seite unterwegs und schien überhaupt nicht müde zu werden, hielf in der Defensive aus und sorgte vorn immer wieder für Gefahr. Das war eine richtig starke Leistung und ein Zeichen und viel Charakter.
Nächste Woche Samstag geht es zu hause gegen Kryvbas. Man wird nach den gelben Karten für Miroschnitschenko und Álvarez auf zwei Stammkräfte verzichten müssen, aber hoffentlich auch mental gestärkt nach diesem hart erkämpften – und über die gesamte Spielzeit Stück für Stück am Ende auch irgendwie verdienten – Sieg in das Spiel gehen.
