Veres – Karpaty: 2:2

Heute spielten Karpaty auswärts in der “Arena Lwiw” gegen Veres Rivne ihr letztes Spiel vor der Winterpause (die Fortsetzung des Heimspiels gegen Olimpik wird erst im nächsten Jahr stattfinden). Das Hinspiel war 1:6 verloren gegangen und hatte faktisch das Ende der Tätigkeit von Trainer Navarro eingeleitet. Karpaty sind in der Zwischenzeit mit nur drei Punkten Vorsprung auf den vorletzten Platz abgerutscht und haben in 17 Spielen überhaupt erst zweimal gewonnen und dabei nicht mehr als 9 Treffer erzielt. Die Situation kann man nur als kritisch bezeichnen.

Karpaty liefen mit einer Dreierkette hinten auf. Das ist seit dem Trainerwechsel eher ein 3:4:3 als noch unter Dolub und Sajzew so eine Art 3:2:2:2:1, wo die Mittelfeldspieler auf dem Flügel die Verteidigung unterstützten und im Grunde wie vorgezogene Außenverteidiger spielten.

Im Tor stand wieder Pidkiwka. Die Dreierkette hinten bildeten Miroshnichenko, Lobaj und Fedetsky. Nesterow scheint aktuell nur zweite Wahl zu sein und saß auf der Bank, Senytsya war nach seinen Fehlern in der Niederlage gegen Oleksandriya nicht mehr im Kader, und Pereira war verletzt, so stand also Miroshnichenko hinten in der Dreierkette, der sich gegen Oleksandriya nach der Auswechslung von Pereira da hinten auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte. Im Mittelfeld standen außen Di Franco und Hutsulyak, zentral Tissone und Holodyuk, vorn auf den Flügeln Carrascal und Myakushko, im Sturmzentrum Akulinin, der gegenüber dem aktuell sehr formschwachen Hladky den Vorzug erhalten hatte.

Veres ist zwar Aufsteiger, hat aber eine ganze Reihe erfahrener und qualitativ ordentlicher UPL-Spieler in seinen Reihen und steht verdient in der oberen Tabellenhälfte. Das Spiel war entsprechend von Anfang an intensiv und 09.12.2017 – umkämpft. Veres war die bessere Mannschaft und hatte die besseren Chancen, vor allem ein Konter mit Ex-Karpate Serhijchuk allein auf de Weg zum Tor, der gerade noch in letzer Sekunde von einem sauberen Slidingtackle von Lobaj gestoppt werden konnte. Nach 13 Minuten klingelte es dann. Fedetsky, der sich kurz vorher verletzt hatte, konnte seinem Gegenspieler nicht folgen, der an der rechten Strafraumgrenze rechts an ihm vorbei ging und den Ball sauber flach neben dem (von ihm gesehen) rechten Pfosten ins Tor setzte – ein vollkommen unhaltbarer Ball. Karpaty reagierten mit Kampf und hatten prompt etwas mehr vom Spiel, während Veres versuchte, mit der Führung im Rücken zu kontrollieren.

Nach 27 Minuten stand es 2:0, Serhijchuk kam vor dem Fünfmeterraum mit 4 Karpaty-Spielern im Strafraum und Miroshnichenko direkt neben sich in aller Ruhe zum Kopfball. Miroshnichenko ist ein schneller und spielstarker Außenverteidiger, aber kein Kopfballungeheuer und Abräumer. Man muss hier schon die Entscheidung des Trainers hinterfragen, wie sinnvoll es ist, 3:4:3 zu spielen, wenn nur zwei gelernte Innenverteidiger auf dem Platz stehen, und die Dreierkette nicht noch einmal einigermaßen eingespielt ist. Ich habe keine Hinweise dafür gefunden, dass Nesterow verletzt ist, aber das Trio aus Fedetsky rechts, Nesterow in der Mitte und Lobaj links hat unter Sajtsew sehr viel sicherer gestanden und einige Spiele “zu Null” abgeliefert. Ich wage zu behaupten, dass ein gelernter und erfahrener Innenverteidiger wie Nesterow seinen Gegenspieler in der Situation nicht zum Kopfball hätte kommen lassen. Da bleibt irgendwie nur Kopfschütteln.

Nach dem 2:0 hatten Karpaty noch etwas mehr Spielanteile. Das sah vorn auch alles ganz gefällig aus, Myakushko und Carrascal wirbelten da schön herum, aber richtig Torgefahr entstand trotzdem nicht – “Hightower” Akulinin ist weder der schnellste auf den Beinen noch besonders beweglich und kein Ersatz für einen Hladky in Normalform, aber den gibt es ja zur Zeit leider auch nicht. Und so einen muss man halt auf Englisch hoch anspielen und nicht wie auf Spanisch (bzw. Kolumbianisch) immer wieder flach. So ging es mit 2:0 in die Pause.

Karpaty kamen mit Chachua für Di Franco aus der Pause. Nach 62 Minuten kam dann Shved für den angeschlagen wirkenden Fedetsky. Hutsulyak (der so ziemlich auf allen Positionen außer im Tor einsetzbar zu sein scheint) spielte nun in der Verteidigung, Chachua im linken Mittelfeld und Shved Linksaußen. Karpaty erspielten sich mit viel Kampf eine deutliche Feldüberlegenheit, wobei das letztlich immer noch war wie in der ersten Halbzeit: nett anzusehen, aber es fehlte immer die Präzision beim letzten Pass. Wenn Veres nach vorn kam, was das immer brandgefährlich, und Pidkiwka war einige Male gefordert. In der 66. Minute wäre er aber geschlagen gewesen, als Serhijchuk in aller Ruhe ungefähr vom Elfmeterpunkt abzog, der Ball aber das Dreieck traf. So lief das irgendwie die ganze Zeit: Karpaty produzierten hübsche, aber brotlose Kunst, Veres kam mal eben vors Tor, und sofort brannte es lichterloh.

Nach 71 Minuten fiel dann aber doch der Anschlusstreffer. Shved wurde links geschickt, war zu schnell für seine Gegenspieler, zog in den Strafraum hinein und tunnelte aus ungefähr 7 Metern mit einem diagonalen Flachschuss den Torwart. Das war sehenswert und gleich das zweite Feldtor innerhalb von 7 Tagen (letzte Woche hatte ja im später abgebrochenen Spiel Myakushko das 1:0 erzielt). Außerdem war es schon fast logisch, dass der Treffer durch eine Individualaktion und nicht einen Spielzug zustande kam. Nun waren noch rund 15 Minuten Zeit, um den Ausgleich zu erzielen oder noch ein paar Treffer in Kontern zu fangen. Es sah allerdings deutlich mehr nach einem Ausgleich aus. Karpaty spielten selbstbewusst mit Schwung nach vorn, und die Fans machten ordentlich Stimmung. Nach 75 Minuten ging Holodyuk vom Platz, für ihn kam Klyots.

Und kaum zu glauben, der Ausgleich fiel tatsächlich. Myakushko lief in der 84. Minute rechts den Verteidigern weg und spielte – endlich einmal! – eine echte Flanke in den Strafraum, die Akulinin mit einem gehechteten Kopfball verwandelte. So kann das funktionieren, aber warum erst jetzt? Karpaty wollten jetzt mehr. Ein Unentschieden war eigentlich auch zu wenig, wenn man die Tabelle betrachtet. Es blieb am Ende aber beim Unentschieden, das, wenn man beide Halbzeiten betrachtet, wohl auch so in Ordnung ging. Ich hätte mir die Leidenschaft und den Offensivdruck der letzten 20 Minuten schon ein wenig früher gewünscht.

Fazit: Karpaty haben den bodenlosen Absturz vorerst abgewendet. Der Abstand nach oben wie nach unten hat sich nicht geändert, da die gesamte Konkurrenz (Chornomorets, Stal’ und Zirka) ebenso unentschieden gespielt haben. Die Mannschaft hat eine eindrucksvolle Aufholjagd hingelegt und damit sicher auch den Respekt der Fans ein Stück weit zurückgewonnen. In diesem Kontext ist auch wichtig zu erwähnen, dass die oft kritisierten Legionäre Carrascal, Di Franco und Tissone rannten, kämpften und grätschten, wie man es von einem Karpaty-Spieler erwartet.

Spieler des Tages war für mich heute Mariyan Shved, der ja bisher kaum überhaupt Spielzeit gehabt hatte, aber heute nicht nur durch seinen Treffer die Wende einleitete, sondern auch auf seiner linken Seite schnell und dribbelstark war und die etwas behäbigen Verteidiger bei Veres einige Male alt aussehen ließ.

Ansonsten stark waren Myakushko (wie immer), dann der gelernte Mittelstürmer Hutsulyak, der sowohl im linken Mittelfeld wie auch der linken Innenverteidigung eine souveräne, fehlerfreie Leistung zeigte und schließlich Pidkiwka, der bei den zwei Gegentreffern absolut machtlos war, aber seine Mannschaft das eine wie andere Mal im Spiel hielt.

Es bleibt zu hoffen, dass es nach der Winterpause gelingt, wieder eine stabile Dreierkette da hinten zusammenzubekommen, so viel Glück wie heute wird man nicht immer haben.