Zirka – Karpaty: 1:1

Heute spielten Karpaty ihr vorletztes Spiel dieser Saison auswärts bei Zirka. Das Hinspiel hatten sie knapp gewonnen, und es galt, den Dreipunkteabstand auf den heutigen Gegner zur Relegationszone zu verteidigen. Durch einen Sieg wäre man auf jeden Fall gerettet.

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Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Spielsystem und Aufstellung waren gegenüber den letzten Wochen weitgehend unverändert. Es wurde in einem 3:4:1:2 gespielt mit Shevchenko im Tor, Miroshnichenko, Fedetskyj und Lobaj in der Verteidigung, dann Myakushko, Erbes, Verbnyj und Hutsulyak im Mittelfeld, Di Franco als hängende Spitze und Carrascal und Shved im Sturm. Bemerkenswert ist hier, dass Fedetskyj in die zentrale Verteidigung gerückt wurde und Nesterov nicht im Kader stand.

Auf der Bank saßen Torwart Mysak, Verteidiger Lebedenko, Mittelfeldspieler Chachua und Holodyuk sowie Stürmer Vargas, Sanchez und Remenyuk; hier war also wie auch in den Wochen davor ein wenig rotiert worden.

Das Spiel begann mit einigen Angriffen der Hausherren, die die noch etwas schläfrige Karpaty-Abwehr gleich einmal schlecht aussehen ließen, aber kein zählbares Ergebnis produzierten. Danach übernahmen aber die Gäste die Initiative und waren in der 5. Minute kurz davor, in Führung zu gehen, als Carrascal im Fünfmeterraum von Zirka an den Ball kam, ihn aber nicht mehr am herausstürmenden Torwart vorbei setzen konnte.

Karpaty blieben fortan die tonangebende Mannschaft und spielten weiter nach vorn, während Zirka sein Glück in Kontern suchte, die ja bekanntlich gegen die Dreierkette hinter dem oft aufgerückte Mittelfeld der Gäste ein adäquates und gefährliches Mittel sind. Auffällig war in dieser Phase vor allem Carrascal, der deutlich aktiver wirkte als in den letzten zwei Spielen, Erbes, der einige schöne Pässe aus dem Mittelfeld spielte und schließlich der ziemlich rutschige Boden, der ein technisches Spiel deutlich erschwerte.

Zwischen der 17. und 25. Minute hatten Karpaty gleich mehrfach gute Möglichkeiten, in Führung zu gehen, Hutsulyak und Shved verpassten nur knapp. Danach wurde Zirka wieder aktiver und setzte sich für eine Weile im Karpaty-Strafraum fest. Das Spiel war recht hart, vor allem Zirka versuchte in dieser Phase, sich physisch Respekt zu verschaffen und führte zu diesem Zeitpunkt mit 2:1 gelben Karten.

Es entwickelte sich ein flottes Spiel auf Augenhöhe, in dem es hin und her ging und Strafraumszenen auf beiden Seiten gab. Das war zwar nicht höchste Fußballkunst, aber engagiert und immer unterhaltsam, und der rutschige Rasen sorgte dabei immer mal wieder für Slapstickeinlagen.

Etwas überraschend kam dann in der 39. Minute das 1:0 durch Petrov. Bylonoh zog rechts am aufgerückten Mittelfeld vorbei und konnte fast ungestört bis zur Grundlinie sprinten, spielte dann quer in den Fünfmeterraum, wo eine indisponierte Innenverteidigung stand und die Flanke nicht abfing.

Karpaty wirkten jetzt verunsichert. Nach 41 Minuten hätte Lobaj eigentlich wegen einer Notbremese kurz vor der rechten Strafraumgrenze rot sehen müssen, der Schiedsrichter war aber gnädig und gab nur gelb. Der Freistoß danach brachte nichts ein. Es folgten nun Großchancen für Zirka fast im Minutentakt. Nach 44 Minuten hätte Chychykov fast zum 2:0 eingeköpft, verfehlte das Tor aber knapp. Kurz vor der Pause gab es noch einen Gewalt-Freistoß aus locker 25 Metern von Myakushko zu bewundern, der über das Tor hinweg ging. Und als alle sich schon für die Pause die Shorts über die Leibchen zogen, hörte man einen Pfiff, und es gab Handelfmeter für Karpaty. Das war, nachdem man mehrere Wiederholungen betrachten konnte, eine Fehlentscheidung, man muss aber dem Schiedsrichter wohl zugute halten, dass das abhängig von der Perspektive kaum zu erkennen war. Carrascal verwandelte glücklich, nachdem der Torwart die Ecke geahnt und den Ball an den Innenpfosten gelenkt hatte, von wo er ins Tor prallte.

So ging es nach ausgesprochen spannenden 47 Minuten mit einem für Karpaty eher schmeichelhaften 1:1 in die Pause. Zirka hatte nicht nur kämpferisch stärker gewirkt,  sondern über weite Strecken auch den Ruf widerlegt, eine rein destruktiv spielende Mannschaft zu sein, da waren einige schöne Spielzüge dabei.

Die zweite Hälfte begann ungefähr so, wie die erste geendet hatte. Zirka spielte mutig und auch durchaus gekonnt nach vorn, und Karpaty fanden sich in der ungewohnten Situation, das Spiel nicht selber zu machen, sondern vor allem verteidigen zu müssen. Es blieb auch hart – nach 48 bzw. 49 Minuten holten sich Hedzh und Erbes ihre Verwarnungen ab, hier führte Zirka also nunmehr mit 4:3 weiter. Die größte Chance auf einen Treffer in den ersten Minuten nach der Pause hatte Myakushko, dessen schöner flacher Distanzschuss von der Strafraumgrenze fast den linken Pfosten von außen streifte, hier wäre der Torwart machtlos gewesen.

Es folgte ein mehrminütiges Powerplay von Zirka, aber nach einer Weile waren wir wieder beim vorher schon gesehenen hin und her, allerdings mit weniger Strafraumszenen als noch in der ersten Hälfte. Nach 69 Minuten kam Youngster Remenyuk für Myakushko, der gut gespielt hatte und viel gelaufen war. Fedetskyj sorgte wenig später für den Ausgleich zum 4:4 nach gelben Karten, und an der Seitenlinie liefen sich Holodyuk und Sanchez warm.

Karpaty bekamen das Spiel nun wieder etwas besser unter Kontrolle. Remenyuk brachte auf dem rechten Flügel mit seiner Schnelligkeit einige Gefahr, und es gab endlich wieder Torschüsse zu sehen. Nach 82 Minuten kam dann Sanchez für Hutsulyak, besetzte also etwas ungewohnt das linke Mittelfeld. Wie schon vorher Myakushko dürfte es hier um frische Kräfte auf sehr laufintensiver Position gegangen sein. In der 85. Minute verabschiedete reichte dann Carrascal für nächste Woche (und somit den Rest der Saison) Urlaub ein, als er sich eine Verwarnung für ein etwas robustes Einsteigen im Mittelfeld holte. Kurz darauf sah Lobaj völlig zu recht die Ampelkarte für ein Foul etwa 20m vor dem Tor, womit er eine durchaus aussichtsreiche Chance für Zirka vereitelte. Der folgende Freistoß verfehlte nur knapp das Tor.

Nach 89 Minuten kam etwas überraschend Holodyuk für Erbes, die durch den Platzverweis von Lobaj freie Position in der linken Innenverteidigung wurde also nicht neu besetzt. Gleich im Anschluss hätte es Foulelfmeter für Zirka geben müssen, der Pfiff blieb aber aus. Nach gelben Karten führten nun Karpaty deutlich, Sanchez hatte sich in der 91. Minute auch noch seine Verwarnung abgeholt. Es war weiter ein offener Schlagabtausch. Zirka brauchten den Sieg sicher mehr als Karpaty, die ihrerseits mit den drei Punkten Vorsprung und dem Saisonfinale zu hause gegen Stal’, die nach diesem Ergebnis wie auch Chornomorets die Relegationszone nicht mehr verlassen werden, ganz gut leben konnten.

Genau dabei blieb es am Ende auch. Auf dem Relegationsplatz 10 können rechnerisch noch drei Mannschaften landen: Zirka, Olimpik und Karpaty. Stal’ und Chornomorets können bestenfalls noch Platz 11, also einen Relegationsplatz erreichen, egal, wie sie heute Nachmittag noch spielen. Zirka und Karpaty spielen nächste Woche gegen eben jene Chornomorets bzw. Stal’, wobei Karpaty mit einem Heimspiel und den drei Punkten Vorsprung einen Vorteil haben dürften. Sie müssen noch einen Punkt erreichen, wobei Stal’ in den letzten Spielen stark aufgetreten war, so dass hier noch nichts in trockenen Tüchern ist. Allerdings werden sie auf Carrascal verzichten müssen, der nach seiner gelben Karte heute im Saisonfinale nächste Woche gesperrt sein wird.

Der heutige Punktgewinn war insgesamt schmeichelhaft für Karpaty. Karpaty waren heute nicht schlecht, aber Zirka war über weite Strecken besser und dürften sich nicht zu Unrecht über einige Entscheidungen des Schiedsrichters heute beschweren. Ich frage mich, warum die nicht schon früher angefangen haben, so zu spielen wie heute – von einer angeblich nur auf Spielzerstörug ausgerichteten Mannschaft war heute nichts zu sehen, die traten heute deutlich stärker aus als eine Mannschaft auf dem drittletzten Platz.

Bei Karpaty war heute wieder einmal Carrascal Mann des Tages. Er war überall auf dem Feld zu finden, half auch – sehr effektiv! – in der Verteidigung aus und war in der Offensive gewohnt stark. Shved fiel vor allem durch seinen frisch gestylten Haarschnitt auf, seine Leistung fiel gegen die starken Auftritte der letzten beiden Wochen leider etwas ab. Im zentralen Mittelfeld fielen Verbnyj und Erbes positiv auf, vor allem letzterer, der sonst oft eher unauffällig gespielt hatte, tat sich durch einige schöne Pässe im Umschaltspiel hervor.

Die Verteidigung hatte heute eine Menge zu tun. Das war aufschlussreich, weil sie es nicht wie sonst vorwiegend mit Kontern zu tun hatte. Die Entscheidung, Lobaj für Nesterov und Fedetskyj in der Innenverteidigung aufzustellen, hat sich nach meinem Gefühl nicht bewährt. Lobaj war oft überfordert, und Fedetskyj funktioniert einfach am besten auf seiner rechten Seite. Dennoch sah die Verteidigung in den Druckphasen von Zirka eigentlich ganz gut aus, die Hauptschwäche sind und bleiben aber Konter, vor allem, wenn Myakushko und Hutsulyak weit aufgerückt sind und sich großzügige Räume rechts und links in der eigenen Hälfte auftun.

Das gespielte System verlangt gerade von den Flügelspielern im Mittelfeld eine immense Laufleistung, und es ist nicht verwunderlich, dass beide in der zweiten Hälfte gegen frische Spieler ausgetauscht wurden. Nur fehlt auf der linken Seite im Kader ein adäquater Ersatz, Sanchez ist ganz einfach Stürmer und kein Mittelfeldspieler. Auf der rechten Seite sieht es besser aus. Remenyuk brachte nach seiner Einwechselung eine Menge frischen Wind und sorgte durch Tempo und Dribbelstärke für einige gefährliche Szenen in Zirkas Hälfte.

Die UPL verhält sich nun ganz wie die Bundesliga. Oben ist alles klar, und unten spielt die Musik. Es bleibt spannend bis zum letzten Spieltag am nächsten Wochenende.