Heute spielten Karpaty auswärts bei Zoriya, der derzeit wohl nach Shakhtar und Dynamo drittstärksten Mannschaft im Land. Normalerweise wäre heute eine Niederlage eingeplant gewesen, aber nach der Katastrophe zu hause gegen Olimpik letzte Woche war im Grunde nichts normal – der Druck auf Trainer und Mannschaft war immens.

Gespielt wurde mit einem 3:2:3:2-System. Im Tor stand wieder Kudryk, die Dreierkette hinten bildeten Veremiyenko, der wiedergenesene Kutscher und Vakulenko, davor auf den Außenpositionen Martins und Lyakh, ein Dreiermittelfeld aus Klyots, Nasaryna und Di Franco, davor im Sturm Boiciuc und Deda.
Auf der Bank saßen Torwart Artym, Allrounder Yakimets‘, Mittelfeldspieler Vojkovic und Kosak sowie für die Offensive Hutsulyak und Layous. Pidkivka war immer noch verletzt, Dubinchak gelbgesperrt, Hall, Ponde, Lorenzen und Jennings standen nicht im Kader.
Das Spiel begann überraschend ausgeglichen. Karpaty agierten aus einer dichten Deckung heraus, störten aber den Gegner schon früh im Spielaufbau und machten in Ballbesitz weniger Fehler als in den letzten Spielen. die erste große Gelegenheit hatte allerdings Zoriya durch einen Lattenschuss von Mykhailichenko, an den Kudryk nicht herangekommen wäre. Auf der anderen Seite war vor allem Deda auffällig, der mit einigen Dribblings für Unruhe sorgte.
Ab Minute 20 erarbeitete sich Zoriya dann doch eine zunehmende Feldüberlegenheit und kam auch zu einigen guten Tormöglichkeiten – vor allem Mykhailichenko, der nach 30 Minuten Kudryk schon ausgespielt hatte, dann aber links vom Fünfmeterraum das leere Tor verfehlte. Dennoch war dies keine reine Abwehrschlacht, und das Spiel hatte ein überraschend gutes Niveau.
Nach 41 Minuten hatte dann Boiciuc seinen großen Auftritt – er war steil geschickt worden, spielte im Strafraum noch einen Gegner aus und traf dann die Latte. Hier wäre Mykyta Schewtschenko ebenso chancenlos gewesen wie noch zuvor auf der anderen Seite Kudryk. Es ging ohne Nachspielzeit mit einem für Karpaty leicht, aber nicht vollkommen schmeichelhaften 0:0 in die Kabine.
Es ging ohne Wechsel in die zweite Hälfte, Trainer Sanzhar hatte auch keinen Grund, mit einem seiner Spieler unzufrieden zu sein. Es ging zunächst weiter wie vor der Pause – Zoriya druckvoller, Karpaty hielten dagegen. Nach 53 Minuten fiel dann allerdings doch der Führungstreffer für die Hausherren – nach einer Serie von Eckstößen verwandelte schließlich Vernydub unhaltbar mit dem Kopf. Das war dann doch etwas enttäuschend, nachdem Karpaty bis zu diesem Punkt gut verteidigt und auch mitgespielt hatten.
Nach 62 Minuten ging Deda, der seine Sache ordentlich gemacht hatte, vom Platz, für ihn kam Layous. 10 Minuten später kam Yakimets‘ für Martins. Schließlich ging nach 78 Minuten Veremiyenko vom Platz, und für ihn kam Hutsulyak, der sich bei gleichzeitigem Systemwechsel auf 4:3:3 auf der rechten Außenposition vorn positionierte. Es sollte also in den letzten 10 Minuten noch einmal verstärkt auf den Ausgleich gedrängt werden.
Diese Bemühungen waren dann endgültig umsonst, als nach 87 Minuten das 2:0 fiel – aus einer abseitsverdächtigen Situation heraus lieferten sich Rusyn und Vakulenko vor dem leeren Tor ein Duell, woraufhin offenbar Vakulenko selber den Ball über die Linie drückte. Das war nun doch ein Tor zu viel, denn Karpaty hatten wirklich über das gesamte Spiel hinweg tapfer dagegen gehalten, aber im Grunde war das andererseits auch keine Katastrophe – FK Lviv verlor gerade in Dnipro mit dem gleichen Resultat, insofern war anzunehmen, dass Karpaty auch nach dieser Niederlage nicht den 10. Platz verlassen würden.
Es ist schwer zu beurteilen, wie Clubführung und Fans das heutige Ergebnis bewerten würden. Auf dem Papier gab es wieder einmal nichts, das ist enttäuschend, wobei sich gegen diesen Gegner niemand wirklich eine Chance ausgerechnet hatte. Andererseits hat die Mannschaft heute durchaus ein Zeichen gesetzt. Sie zeigte ein konzentriertes, kampfstarkes Spiel und wirkte nicht wie ein Abstiegskandidat. Mit so einer Leistung wäre letzte Woche wohl ein Dreier möglich gewesen, aber dafür ist es jetzt nun einmal zu spät.
Die taktische Aufstellung hat funktioniert: die drei Innenverteidiger mit einem starken „Oldie“ Oleksandr Kutscher im Zentrum und den zwei vorgezogenen Außenverteidigern zeigten eine starke Leistung, und auch der Rest der Mannschaft hielt gut dagegen. Deda und Boiciuc im Sturm hätten mit etwas mehr Glück durchaus treffen können, zeigten aber auch im Spiel nach hinten großen Einsatz und rechtfertigten das Vertrauen des Trainers.
Das Problem der Mannschaft bleibt ihre fehlende Konstanz: warum sind solche Leistungen wie heute nur gegen meterhoch überlegene Gegner möglich, und warum wird gegen Konkurrenten im Abstiegskampf wie letzte Woche Olimpik so unkonzentriert und planlos gespielt? Nächste Woche kommt Desna nach Lviv. Das ist ein starker, aber doch eher schlagbarer Gegner als der heutige. Es wäre keine Überraschung, wenn gerade das Spiel dann zum Prüfstein für Sanzhar auf der Bank wird – bei den Fans hat er ohnehin nicht viele Freunde, aber die Geduld der Vereinsführung dürfte langsam aber sicher aufgebraucht sein.