Die Sommertransfers 2018 im Rückblick

Seit gestern ist das Sommertransferfenster geschlossen, und es wird Zeit, einen Blick auf die Transferaktivitäten dieses Sommers bei Karpaty zu werfen.

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Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Die Abgänge

Von den Spielern, die nicht ohnehin schon verliehen waren, haben 8 Spieler den Verein verlassen: der bisherige Stammtorwart Oleksij Shevchenko wechselte zu Shakhtar Donetsk, mit Ersatztorwart Roman Mysak wurde der Vertrag aufgelöst. Innenverteidiger Ivan Lobaj wurde an Rukh verkauft, sein Kollege Nika Sandokhadze nach Lettland an FK RFS verliehen. Im Mittelfeld wurde der Vertrag mit Ambrosi Chachua aufgelöst und Andrij Remenyuk an Rukh verliehen. Im Sturm trannte man sich von Leonid Akulinin und der Leihvertrag mit Mauricio Cortés wurde nicht verlängert.

Die Zugänge

Den 8 Abgängen stehen 6 “echte” Zugänge gegenüber. Auf der Torwartposition kamen Maksym Kuchynskyj (vorher vereinslos) und German Penkov (vorher Feniks Bucha). Dann gab es zwei neue Innenverteidiger mit Oleksiy Kovtun (vorher FK Minsk) und Oleg Borodai (vorher FK Poltava) sowie Linksverteidiger Adi Mehremic (vorher Zeljeznicar). Im Mittelfeld kam für den rechten Flügel Kevin Méndez (vorher AS Rom) und im Sturm noch am letzten Tag William De Camargo (vorher CD Leganés B).

Zusätzlich wurden einige Spieler aus der zweiten Mannschaft in die erste befördert: Linksverteidiger Orest Lebedenko und im zentralen Mittelfeld Dmytro Klyots, und der wohl wertvollste Spieler der Mannschaft, Jorge Carrascal, wurde über die Kaufoption nach seiner Leihe für 2 Mio US-$, was ein neuer Clubrekord ist, übernommen.

Der aktuelle / neue Kader

Die Frage, die sich natürlich zuerst stellt, ist, ob der Kader nun gegenüber der Vorsaison stärker oder schwächer geworden ist. Schauen wir einmal, wie es auf den einzelnen Positionen aussieht:

Im Tor Oleksij Shevchenko war in der letzten Saison eine Bank im Tor, weshalb ja auch Shakthar ihn verpflichten wollte. Ihn adäquat zu ersetzen, konnte somit in keinem Fall leicht sein. Verpflichtet wurden Kuchynskyj und Penkov, ein älterer, erfahrenerer und ein jüngerer, als talentiert geltender Mann. In den bisherigen Saisonspielen stand stets Kuchynskyj im Tor, und hier gab es Licht und Schatten: eine Mann-des-Tages-Vorstellung gegen Zorya, insgesamt gut auf der Linie, fußballerisch aber eher beschränkt. Von Penkov haben wir bisher noch nichts gesehen, hier ist ein Urteil noch nicht möglich. Eigengewächs Roman Pidkivka war vom letzten Trainer, Oleh Boychyshyn, angeblich wegen Probleme mit seiner Einstellung, aufs Abstellgleis gestellt worden. Mittlerweile hat er nach längerer Zeit wieder zwei Spiele in der zweiten Mannschaft gemacht und vor allem bei der 0:3 Niederlage gegen die Dynamo-Junioren eine starke Partie gezeigt. Insgesamt ist die Mannschaft auf dieser Position jedenfalls schwächer geworden. Shevchenko war ein kompletterer Torwart als Kuchynskyj, von dem in seinem Alter auch keine größere Entwicklung mehr zu erwarten ist. Penkov ist eine unbekannte Größe, und Pidkivka ist aktuell von einem Platz in der ersten Elf vorerst noch weit entfernt.

Verteidigung Die Verteidigung ist ja seit langem schon das Problemkind der Mannschaft, was aber auch ein wenig dem offensiven Stil geschuldet ist. Ein Problem war hier aber auch immer die mangelnde Tiefe der Mannschaft – wenn eine Stammkraft ausfiel, fehlte sofort Qualität. Schlimmer wurde es außerdem noch dadurch, dass Innenverteidiger Andriy Nesterov mit einer schweren Verletzung lange ausfallen wird. Entsprechend wurde hier aufgestockt. Die beiden neuen Innenverteidiger haben inzwischen schon Einsatzzeiten gehabt, und beide haben bislang im besseren Sinne unauffällig gespielt. Viel kann man hier natürlich noch nicht sagen. Auf der linken Seite wurde das Experiment mit Oleksiy Hutsulyak als Verteidiger beendet, stattdessen kam Lebedenko in die Mannschaft, der seine Sache sehr gut machte. Außerdem wurde mit Mehremic ein erfahrener Mann verpflichtet, der in den letzten Spielen ausgesprochen stark war. Rechts hat Denys Miroshnichenko als Pendant (auch in der offensiven Spielweise) seinen Platz, und Kapitän Artem Fedetsky wurde kurzerhand zum Innenverteidiger umfunktioniert. Etwas unklar ist, ob die Ausleihe von Sandokhadze eine Trennung auf Raten oder eine Pause, um Spielzeit zu sammeln sein soll. Ob die Personaldecke nun dick genug, hängt nun vor allem vom Spielsystem ab. Unter Boychyshyn wurde ja mit einer Dreierkette gespielt, für die jetzt sicher genug Qualität und Tiefe zur Verfügung steht, nur scheint der neue Trainer José Morais eine Viererkette zu bevorzugen – hierfür fehlt nun wieder ein Innenverteidiger als Backup, und es könnte wieder eng werden.

Mittelfeld Im Mittelfeld ist die Spielstärke durch den Zugang von Méndez, der einige sehr vielversprechende Auftritte gezeigt hat, eher noch gestiegen. Auf der Sechserposition stehen mit Cristian ErbesOleh Holodyuk und den kürzlich aus der zweiten Mannschaft beförderten Nazar Verbny und Dmytro Klyots vier gute Spieler bereit, auch die Mischung aus Jugend und Erfahrung stimmt hier. Weiter vorn ist die Qualität sogar noch höher: Hutsulyak, Myakushko, Di Franco und schließlich Carrsacal, den der neue Trainer eher im Mittelfeld als in der Sturmspitze sieht.  Entsprechend kann man sagen, dass das Mittelfeld Qualität gewonnen hat.

Sturm Auch der Sturm war bisher oft ein Problemkind – spielstark, aber oft wenig effizient. Entsprechend hatte in der letzten Saison Carrascal vorn “ausgeholfen” und zusammen mit Maryan Shved eine Doppelspitze gebildet. Das hatte man besser, mal schlechter geklappt. Hinzugekommen ist nun De Carmargo, von dem wir noch nichts gesehen haben, weiter stehen der derzeit verletzte Catriel Sánchez, der bereits einige starke Auftritte hatte, und Rodrigo Vargas, der sich bisher zwar fleißig, aber abschlussschwach gezeigt hatte, im Kader. Die drei letztgenannten sind alle eher kleinwüchsig und keine “Stoßstürmer”. Das mag beim Spielstil “Los Karpatos” passen, hat aber gegen Mannschaften, die sich hinten hineinstellen (wie gerade erst am letzten Wochenende Arsenal) den Nachteil, dass man die gute alte Brechstange mit Flanken auf kopfballstarke Mittelstürmer nicht zur Verfügung hat. Man hätte problemlos den aktuell vereinslosen Serhij Petrov, einen Zweimetermann, der deutlich spielstärker ist als der abgegebene Akulinin, verpflichten können, hat das aber nicht getan. Hier bleibt, wie auch schon in der letzten Saison ein Fragezeichen, zumal die Qualität des neuen Brasilianers aktuell völlig unbekannt ist.

Ausblick

Interessant wird hier vor allem, welche Art Fußball unter dem neuen Trainer, wenn er erst einmal richtig Fuß gefasst hat, gespielt werden soll. Unter Boychyshyn war ja meist eine Art 3:5:2 bevorzugt worden, bei dem die Außenspieler im Mittelfeld die Außenpositionen hinten mit abdecken (was bei Kontern des Gegners oft nicht gut funktionierte) und die Doppelsechs vor der Dreierkette abräumen sollte.

Der neue Trainer scheint eine Viererkette hinten zu bevorzugen. Da hat er auf der linken Position ein Luxusproblem, da sowohl Mehremic als auch Lebedenko aktuell sehr stark sind, in der Mitte ist es eher eng, da Nesterov verletzt ist und man bei den beiden neuen erst noch sehen muss, was die wirklich können.

Das 4:3:3 in der letzten Woche wirkte nicht überzeugend, da Erbes und Holodyuk auf den Außenpositionen zu wenig Tempo haben und das Aufbauspiel dadurch oft etwas zäh wirkte. Außerdem verfügt die Mannschaft über keinen echten Neuner – Carrascal wäre da vorn eine Verschwendung, und Shved kommt eher über die Außenpositionen.

Es wird also interessant sein zu sehen, welche Formation sich mit dem vorhandenen Kader verwirklichen lässt: Ein 4:2:3:1 würde mehr Druck und Tempo im Mittelfeld erlauben, brächte aber das selbe Problem auf der Mittelstürmerposition mit. Ein 4:4:2 wäre aufgrund der Doppelspitze wohl die logischere Formation, nur stünde man dann vor sehr unangenehmen Entscheidungen: Di Franco oder Carrascal? Erbes, Holodyuk, Verbnyj oder Klyots? Nur auf den Außenpositionen wäre die Sache hier noch einigermaßen klar mit Hutsulyak und Myakushko.

Heute liegt ja eines der zwei schwersten Auswärtsspiele der Saison an, wenn es am Abend in Kyiv gegen Dynamo geht. Wir dürfen gespannt sein, ob und welche der o.g. Überlegungen der Trainer dann wohl angestellt hat. Den Kader kann er jetzt ja kaum noch groß ändern, er wird also ein System finden müssen, das die vorhandenen Spieler optimal einsetzt  – eine anspruchsvolle Aufgabe.