Karpaty – Desna: 0:2

Heute spielten Karpaty ihr seit längerem erstes Heimspiel gegen Aufsteiger Desna. Vergangene Woche war wegen der Länderspiele in der Liga Pause gewesen, und Angreifer Maryan Shved stand heute ganz besonders im Mittelpunkt: er hatte am Dienstag beim 0:0 gegen die Türkei seinen ersten Einsatz in der Zbirna, und es erschienen Berichte in der Presse, nach denen er bei Karpaty eine Ausstiegsklausel von 2 Mio Euro habe.

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Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Das Spielsystem heute war das, seit Morais Trainer ist, gewohnte: 4:2:3:1 (oder auch 4:4:1:1) mit Shevchenko im Tor, der Viererkette aus Miroshnichenko, Papa Gueye, Borodaj und Lebedenko, davor das Mittelfeld mit Shved, Erbes, Klyots und Myakushko, Ponde als hängende Spitze und davor Hutsulyak.

Auf der Bank saßen Torwart Kuchynskyj, Fedetskyj, Mehremic, Holodyuk, Di Franco, Mendes und Sanches. Carrascal, der sich eine leichte Verletzung zugezogen hatte, Vargas und der von der Leihe in Litauen zurückgekehrte Sandokhadze waren nicht im Kader.

Karpaty übernahmen gleich zu Beginn des Spieles das Kommando, ließen den Ball laufen und verlagerten das Spiel in die Hälfte von Desna. Die brauchten 13 Minuten, um ihrerseits zu einer Chance zu kommen, die allerdings auch gleich zu etwas Zählbarem hätte führen können. Danach ging es aber weiter mit Karpaty-Angriffen.

So ging das eine ganze Weile, und dann, in der 27. Minute, wie aus dem nichts, fiel das 0:1 – ein Kunstschuss aus der linken Strafraumecke, der sich genau ins rechte Dreieck senkte. Das war ja schon fast ein Deja Vu – hatte es doch auch im Hinspiel in Chernihiv genau so eine unerwartete Führung für Desna gegeben.

Der unerwartete Rückstand hinterließ deutlich Wirkung. Desna wurde aktiver und fand sich häufiger in der Hälfte von Desna ein, und bei Karpaty lief der Ball bei weitem nicht mehr so flüssig wie noch zuvor. Sie hatten zwar Chancen, aber die blieben folgenlos, etwa vergab Maryan Shved gleich zweimal aus aussichtsreicher Position.

Und wie es in solchen Spielen läuft – Karpaty machen das Spiel, aber kriegen keine richtige Torgefahr zustande, und Desna erzielt das zweite Tor. 43 Minuten gespielt, Shevchenko wehrt einen Distanzschuss ins Zentrum des Strafraums ab, sicher nicht optimal, und Starenkyj schießt ein. Halbzeit, Spiel gelaufen.

Die zweite Hälfte begann ohne personelle Änderungen bei Karpaty, die sichtlich versuchten, den Schock des Rückstands aus der ersten Hälfte abzuschütteln. Nach 50 Minuten waren dann Karpaty auch noch in Unterzahl. Borodaj leistete sich ein völlig unnötiges Foul im Mittelfeld, und da er bereits vorher gelb gesehen hatte, durfte er mit Ampelkarte duschen gehen. Für Desna war das natürlich wie gemacht. Sie stellten einfach weiter das eigene Verteidigungszentrum zu und warteten auf Konter.

Nach 54 Minuten ging Christian Erbes vom Platz, für ihn kam Mehremic, der Borodajs Position im Abwehrzentrum besetzte. Das Spiel war nun wirklich nicht mehr schön anzusehen. Karpaty hatten keine Idee, wie sie da vorn irgendetwas bewegen sollten, und irgendwie fehlte wohl auch der Glaube, dass da noch etwas gehen könnte. Desna brauchte nur auf den nächsten Fehlpass zu warten und kontern, und das sah nun – anders als in der ersten Halbzeit, wo beide Tore praktisch aus dem nichts gefallen waren – jedes Mal brandgefährlich aus.

Nach 65 Minuten kam Di Franco für Hutsulyak, es wurde auf ein System mit zwei Spitzen, Shved und Ponde, umgestellt. Drei Minuten später ging auch Shved, der erschöpft wirkte, und für ihn kam Mendez. Es änderte nichts. Karpaty spielten trotz Feldvorteilen uninspiriert und ungefährlich und wirkten zu keinem Moment, als würden sie auch nur einen Anschlusstreffer erzielen können. Grauenhaft.

Das war eine absolute Katastrophenvorstellung. In den ersten 20 Minuten wirkte die Mannschaft so dominant, dass sie offenbar meinte, das Spiel ohne wirkliche Anstrengung gewinnen zu können. Nach dem Rückstand fanden sie kein Mittel, die dann sehr dicht stehende Deckung des Gegners zu überwinden, und es fehlte ganz einfach an Kreativität. Desna machte in der ersten Halbyeit aus drei Chancen zwei Tore und brauchte danach nichts mehr für das Spiel zu tun.

Vielleicht hätte ein Carrascal mit seinen Dribblings und Ideen ein Loch in die Abwehr reißen können, aber er war nun einmal nicht da, und es standen genug talentierte Spieler auf dem Platz, die alle nichts rissen. Und dabei kommt natürlich auch die Frage nach der Mentalität auf: Carrascal wird bei einem Rückstand richtig gallig und setzt auch mal durch ein Foul ein Zeichen. Von derartiger Entschlossenheit war heute nichts zu sehen. Die Karpaty-Fans nennen ihre Mannschaft nach solchen Vorstellungen üblicherweise “вівці” – Schafe – das traf es heute exakt.

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Der einzige Spieler, der heute einen positiven Eindruck hinterließ, war Orest Lebedenko, der immer anspielbar war und auf seiner linken Seite ein riesiges Laufpensum hinlegte. Maryan Shved hatte zwar einige gute Szenen, wirkte aber über weite Strecken unkonzentriert und müde. Torwart Mykyta Shevchenko war beim ersten Treffer vollkommen machtlos, hat aber bei zweiten Gegentor kräftig mitgeholfen, indem er den Ball praktisch auf den Elfmeterpunkt einem Gegenspieler vor die Füße abklatschte.

In dieser Form ist der Traum von den ersten 6 ein reiner Witz. Es nützt überhaupt nichts, gegen Zorya ein starkes Spiel gezeigt und unglücklich verloren zu haben – die Punkte müssen gegen Gegner wie Desna her. Eine Heimniederlage gegen eine solche Mannchaft ist ein reiner Offenbarungseid. Glückwunsch an jeden, der seine Zeit nicht mit diesem Spiel verschwendet hat.