Heute spielten Karpaty ihr letztes Spiel der Vorrunde, bevor die Liga in Meisterschafts- und Aufstiegsgruppe aufgeteilt fortgesetzt wird. Es ging zu hause gegen Mariupol, eine Mannschaft, die durch einen Sieg heute ihren Platz in den oberen sechs und somit die Chance auf einen Platz im internationalen Wettbewerb sichern konnte. Karpaty hatten letzte Woche eine krachende 0:5-Niederlage bei Shakhtar erlitten und stehen punktgleich, aber mit besserem Torverhältnis als Olimpik gerade so oberhalb der Relegationszone. Ein Platz in den ersten sechs war für Karpaty schon nicht mehr möglich, es ging also nur noch um möglichst viel Abstand auf die letzten drei.

Gespielt wurde wieder mit 3:4:3, es fehlten allerdings weiter zwei Stammspieler verletzt, Kuchynskyj und Klyots, wofür aber Topscorer Marian Shved, dessen Verletzung, anders als in der britischen Boulevardpresse geschrieben, nicht so gravierend war, in der Startelf stand: es spielten Penkov im Tor, davor Sandokhadze, Papa Gueye und Mehremic in der Dreierkette, Myakushko, Tolotschko, Kapitän Di Franco und Hutsulyak im Mittelfeld sowie Shved, Ponde und Yoda im Sturm.
Auf der Bank gab es keine großen Überraschungen: Torwart Saderejko, Innenverteidiger Avramenko und Kovtun, Außenverteidiger Busko sowie die Offensivkräfte Bedoya, Vargas und Debelko. Da im zentralen Mittelfeld durch die Gelbrot-Sperre von Hongla und die Verletzung von Klyots die Optionen fehlten, war Di Franco von rechtsaußen auf diese defensivere Position umgezogen und für ihn Yoda in die Startaufstellung gerückt. Hätte man Nazar Verbnyj nicht gerade erst für eineinhalb Jahre an Rukh in die zweite Liga verliehen, hätte man bei einem eventuellen Ausfall eines zentralen Mittelfeldspielers noch eine Option gehabt, so musste man hoffen, dass nichts passierte.
Das Spiel begann mit einer gemeinsamen Aktion beider Mannschaften – dem Ausrollen eines Banners, durch das Russland zur Freilassung der ukrainischen Seeleute aufgefordert wurde, die bei dem Zwischenfall in der Meerenge von Kertsch gefangen genommen wurden und immer noch festgehalten werden.
Danach wurde Fußball gespielt. Beide Mannschaften gingen moderat offensiv ins Spiel, versuchten sich Chancen zu erspielen, ohne dabei Formation und Deckungsspiel aufzulösen. Das sah auf beiden Seiten ganz gefällig aus. Penkov durfte nach 6 Minuten seinen ersten Ball halten, was ein deutlich besserer Beginn war als letzte Woche, wo der Ball im Tor gewesen war, bevor Penkov ihn überhaupt einmal berührt hatte. Leider hatte er nicht viel Zeit sich zu freuen – nur zwei Minuten später spielte Zubkov Sandokhadze aus und zog aus etwa 12 Metern ab, 0:1. Das war natürlich nicht der Beginn, den man sich erhofft hatte. Immerhin blieben aber noch 80 Minuten, um das Spiel zu drehen.
Karpaty übernahmen daraufhin das Kommando und kamen einige Male gefährlich vor das Tor des Gegners, der nun vor allem auf schnelles Umschaltspiel setzte. Innerhalb der ersten 20 Minuten hatte es auch schon die ersten zwei gelben Karten für Spieler von Mariupol gegeben, die einige Schwierigkeiten hatten, Myakushko und Hutsulyak in den Griff zu bekommen. Eine gute Chance hatte Marian Shved, der durch einen schönen langen diagonalen Pass von Yoda auf seiner rechten Seite geschickt wurde, nach innen zog, dann aber aus 16 Metern über das Tor hinweg schoss.
Nach 31 Minuten fiel dann der verdiente Ausgleich. Myakushko drang auf seiner rechten Seite in den Strafraum ein und spielte einen sehr präzisen flachen Pass diagonal auf Ponde, der aus 5 Metern einschoss. Nun war das Spiel immerhin wieder offen, und auf der einen Seite mussten Karpaty nicht mehr ganz so offensiv spielen, während Mariupol selber wieder etwas aktiver werden musste.
Nach 35 Minuten kam Myakushko, der zuvor mit dem Ball das halbe Feld überquert hatte, zu einem Abschluss, aber es fehlte ihm offenbar am Ende ein wenig an Kraft, so dass der Schuss aus rund 16 Metern ohne große Mühe abgewehrt werden konnte. So ging das noch eine Weile hin und her, und auch Mariupol hatte noch eine gute Chance auf eine erneute Führung, der Ball ging aber aus kurzer Distanz über das Tor. Es ging mit einem insgesamt leistungsgerechten 1:1 in die Pause.
Es ging ohne personelle Änderungen in die zweite Hälfte. Karpaty tauchten gleich einmal gefährlich vor dem Tor Mariupols auf, aber Hutsulyak schaffte es nicht, das Zuspiel von Ponde in einen schnellen Abschluss umzusetzen, so dass sein Schüsschen mühelos unter Kontrolle gebracht werden konnte.
Es entwickelte sich wieder ein recht munteres Spiel mit Offensivaktionen auf beiden Seiten. Wären beide Seiten weniger verschwenderisch mit ihren Chancen umgegangen, hätte es nach 15 Minuten durchaus 2:2 stehen können. Nach 59 Minuten kam Debelko für Yoda, der viel gelaufen und erschöpft war. Debelko wechselte sich fortan mit Ponde zwischen linksaußen und dem Sturmzentrum ab.
Karpaty schafften es nur sehr selten in den gegnerischen Strafraum. Wenn es zu Abschlüssen kam, waren das meist Distanzschüsse, die dann meist in der Deckung hängen blieben oder einfach nur schwach getreten waren. Sie waren auch ganz offensichtlich sehr darauf bedacht, nicht die Kontrolle zu verlieren oder zu viel zu riskieren. Mariupol war etwas seltener in der Offensive unterwegs, dabei aber vor dem Tor ein wenig gefährlicher. Interessanterweise wirkten die nicht, als ob sie unbedingt den Dreiher holen müssten, obwohl bei diesem Stand morgen Vorskla durch einen Sieg auf den sechsten Platz an ihnen vorbei ziehen könnte.
Ponde verließ dann nach 78 Minuten das Feld, und für ihn kam Vargas, um wieder etwas mehr Tempo auf die linke Außenbahn zu bekommen – das Wechselspiel mit Debelko hatte nicht besonders gut funktioniert. Vargas hatte auch gleich eine gute Szene, als er von Hutsulyak auf der linken Seite geschickt wurde und auf Debelko flankte, wobei es hier am Ende doch etwas an Genauigkeit fehlte, so dass Debelko den Ball nicht aufs Tor köpfen konnte.
Nach 87 Minuten hätte Shved den Siegtreffer erzielen müssen. Myakushko hatte ihn aus dem eigenen Strafraum heraus steil geschickt, und er lief allein auf das gegnerische Tor zu, hob dann aber den Ball am Ende über Torwart und Tor hinweg. Er hätte gleich eine Minute später seinen Fehler gut machen können, als er nach einer von ihm selbst getretenen Ecke den zurückprallenden Ball aufnahm, in den Strafraum eindrang und diagonal abzog, das Tor aber abermals verfehlte. Es folgte ein weiterer Wechsel – Busko kam für Myakushko; formal ein defensiver Wechsel, aber vielleicht war Myakushko auch einfach mit seiner Kraft am Ende, er war das ganze Spiel über viel unterwegs gewesen.
Es bliebt am Ende bei einem Unentschieden, das der Leistung beider Mannschaften gerecht wurde, und mit dem Karpaty wohl besser leben können als Mariupol. Die gezeigte Leistung war in Ordnung, und es war wichtig, nach der hohen Niederlage letzte Woche wenigstens einen Punkt einzufahren. Wenn Olimpik heute Abend gegen Dynamo verliert, gehen Karpaty mit einem Punkt Polster auf die Relegationsplätze in die Abstiegsrunde.
Auch wenn Shved heute wieder dabei war, hatte er auf das Spiel seiner Mannschaft einen kleineren Einfluss als man annehmen könnte. Auffällig in der Offensive war vor allem Myakushko, der immer wieder mit Flankenläufen Gefahr brachte. Auf der linken Seite zeigte Yoda wieder ein gutes Spiel, sorgte durch sein Tempo für Gefahr und spielte einige schöne Pässe. Ponde zeigte bei seinem Tor keine Nerven und war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Was will man mehr. Hutsulyak ist durch sein Tempo und seine phyische Präsenz ein wichtiger Spieler, aber es fiel auch heute wieder auf, dass es ihm an Abschlussstärke fehlt.
Im zentralen Mittelfeld machte Di Franco eine gute Figur. Die Rolle scheint ihm eher zu liegen als rechtsaußen. Trotzdem fehlte Hongla mit seiner Übersicht und seinem klugen Passspiel.
Die drei langen Innenverteidiger spielten weitgehend ohne Fehler, zeigten aber beim Gegentor ihre größte Schwäche: es fehlt an Tempo und Beweglichkeit, so dass ein beweglicher und dribbelstarker Stürmer sich hier eine ausreichend große Lücke für den Abschluss erspielen kann, was dann ja auch zu einem zählbaren Resultat führte.
Torwart Penkov hatte nicht sehr viel zu tun, konnte sich aber wenigstens einige wenige Male zeigen, nachdem er beim frühen 0:1 chancenlos gewesen war. Er ist ja im Vergleich zu Kuchynskyj der bessere Fußballer, der auch gern mal einen Aushilfslibero spielt, und heute konnte er das in zwei Situationen zeigen.
Insgesamt war das eine solide Leistung in einem unterhaltsamen Spiel. In dieser Verfassung sollte der Abstieg kein Thema sein. Ironischerweise erreichte der Lokalrivale und (quasi) Retortenclub “FK Lviv” heute durch einen Auswärtssieg bei Desna die ersten sechs und hat die Chance, einen internationalen Platz zu erreichen. Genau das war vor der Saison eigentlich der Anspruch bei Karpaty gewesen.