Heute fand das zweite Saisonspiel für Karpaty statt – nach der 0:2 Heimniederlage gegen Vizemeister Dynamo ging es nun nach Kharkiv gegen Dauermeister Shakthar. Dass hier kein Blumentopf zu gewinnen sein würde, dürfte von vorn herein allen klar gewesen sein, und der Hauptfokus dürfte darauf gelegen haben, ein Debakel zu vermeiden, wie es in den letzten Jahren fast schon die Regel war.

System und Aufstellung entsprachen in etwa dem aus den letzten Spielen gewohnten. Es gab ein 4:3:3 mit Pidkivka im Tor, davor die Viererkette aus Martins, Kovtun, Vakulenko und Dubinchak, der als Leihspieler von Dynamo letzte Woche nicht hatte spielen dürfen, davor im Mittelfeld Klyots, Verbnyj, Tolotschko und im Sturm Hutsulyak, Karpenko und Di Franco.
Auf der Bank gab es ebenfalls keine großen Überraschungen: Torwart Saderejko, Abwehrspieler Prce und Yakimets‘, Mittelfeldspieler Vojkovic, Kosak sowie die Angreifer Remenyuk und Layous.
Das Spiel begann wie erwartet mit dominanten Gastgebern, die ihre individuelle Klasse einbrachten und ihr gewohntes schnelles und direktes Kombinationsspiel aufzogen. Karpaty interpretierten ihr 4:3:3 sehr defensiv – Verbnyj spielte im Dreiermittelfeld zurückgezogen, was auch Di Franco und Hutsulyak auf ihren Flügeln taten, so dass eine Art 4:1:4:1 entstand, was manchmal auch zu einem 4:1:5:0 wurde.
Zum ersten Mal richtig gefährlich wurde es nach 6 Minuten, als Junior Morais aus kurzer Distanz einen Schuss losließ, den Pidkivka mit einem wieder einmal beeindruckenden Reflex gerade noch zur Ecke ablenken konnte. Es war mehr als deutlich, dass ein kleiner Fehler fast zwangsläufig zur Führung für Shakhtar führen musste.
Angriffsspiel von Karpaty fand in der ersten Viertelstunde praktisch nicht statt. Bei Ballbesitz kombinierten sie etwa bis kurz über die Mittellinie hinweg und verloren dann meist den Ball durch ungenaue Abspiele. Gleichzeitig war aber zu merken, dass die Mannschaft sehr diszipliniert spielte, bei Ballbesitz Shakthar sofort verschob, so dass es vor dem eigenen Strafraum richtig eng wurde.
Nach 24 Minuten musste Torwart Pyatov zum ersten Mal zugreifen – Karpenko war steil geschickt worden und wunderte sich wohl selber, dass er da auf einmal mit dem Ball vor sich und zwei Abwehrspielern dicht auf den Fersen auf das gegnerische Tor zulief. Sein Schuss wurde dann auch eher ein Schüsschen, als ob er Angst davor hatte, hier für eine Überraschung zu sorgen. Immerhin wirkte der Spielaufbau bei Karpaty nun ein kleines bisschen sicherer, sie blieben nun ein wenig länger im Ballbesitz, was natürlich für Entlastung sorgte.
In den letzten 10 Minuten der ersten Halbzeit nahm dann der Druck Shakhtars immer mehr zu – es gab eine Serie von 5 Ecken hintereinander, die alle recht gefährlich waren, und bei Karpaty fehlte so ein wenig die eiserne Konzentration im Defensivspiel, die am Anfang noch zu beobachten gewesen war. Der starke Di Franco sah dann nach 38 Minuten auch noch wegen Meckerns gelb.
Was sich angedeutet hatte, wurde dann nach 40 Minuten zählbar. Alan Patrick lupfte aus 20 Metern den Ball diagonal ins Sturmzentrum, wo Marlos schon hineingelaufen war und sicher verwandelte. Ein wunderschöner Spielzug. Jetzt warteten alle nur noch auf einen Elfmeter für Shakhtar in der Nachspielzeit, und alles wäre wie immer.
Aber das war auch gar nicht nötig. 5 Minuten später erhöhte Junior Morais zum 2:0, nachdem Vakulenko einmal mit einem Tackling vor der Strafraumgrenze Ball und Gegner verpasst hatte, Kovtun nicht eingreifen konnte und dann einfach der Weg frei war. Somit war auch hier und heute schon vor dem Halbzeitpfiff das Spiel entschieden, und alle konnten nach hause gehen. Es ging mit 2:0 in die Pause.
Die zweite Hälfte begann wie schon letzte Woche gegen Dynamo mit dem Wechsel Layous für Karpenko, der heute auffälliger gespielt hatte als letzte Woche. Am Spiel änderte das erst einmal nichts. Nach 49 Minuten sah Kovtun dunkelgelb für ein rüdes Einsteigen gegen Taison – das hätte eigentlich glatt rot geben müssen.
In der Folgezeit hatten beide Mannschaften ihre Momente, Shakhtar natürlich die weit gefährlicheren, bei Karpaty beschränkte sich die Sache auf gelegentliche Distanzfreistöße, die alle nichts einbrachten. Nach 60 Minuten kam Yakimets‘ für Tolotschko. Zwei Minuten später stand es 3:0, erneut nach einem sehenswerten Spielzug, der Torschütze war Ismaily.
6 Minuten später hatte Hutsulyak eine Großchance, als er unverhofft an der Strafraumecke an den Ball kam, zwischen zwei Verteidigern durchstartete und dann – leider wie so oft – den Ball überhastet über das Tor schoss. Immerhin, man konnte sehen, dass diese Verteidigung durchaus überwindbar war.
Für die letzten 10 Minuten durfte dann noch einmal Vojkovic auf den Platz, für ihn ging Di Franco. Das ging einher mit einer Systemumstellung auf 4:2:2. Shakhtar spielte anders als Dynamo letzte Woche durchaus weiter nach vorn und versuchte, die eigene Führung noch zu erhöhen. Karpaty hielten weiter dagegen, wenn auch nicht ganz so defensiv wie in der ersten Hälfte, aber doch mit taktischer Disziplin und machten es dem Gegner nicht unnötig leicht. Und was dann doch durch kam, das hielt Pidkivka das eine um das andere Mal sehenswert.
So endete das Spiel dann mit der erwarteten Niederlage – das 3:0 ging von der Höhe her in Ordnung und gibt in etwa den Unterschied zwischen den Leistungsständen der beiden Mannschaften wieder. Allerdings sind es aktuell drei und nicht wie noch im letzten Spiel fünf Tore Unterschied, und das gibt ein wenig Anlass zur Hoffnung. Auch ist die Mannschaft bis zum Schluss organisiert und taktisch diszipliniert geblieben – eben anders als bei den hohen Niederlagen der näheren Vergangenheit, wo man oft zum Ende hin die Ordnung aufgab und sich in sinnlosen Kamikaze-Angriffen versuchte.
Im Hinblick auf die Baustellen aus der letzten Saison ist zu sagen, dass die Abwehr tatsächlich erheblich stabiler geworden ist. Pidkivka im Tor war stark, und sowohl Dubinchak als auch Martins haben gefallen – letzterer dürfte, wenn er weiter so spielt, wohl nicht allzulange in Lviv bleiben.
Vorn bleibt die Sache problematisch. Karpenko hatte in den Testspielen gute Ansätze gezeigt, aber es wurde heute auch wieder deutlich, dass er noch nicht ganz soweit ist, da vorn den Laden allein zu schmeißen, und die Unterstützung aus Mittelfeld und den Flügeln ist nicht so gut, dass er einfach nur mal den Fuß oder Kopf hinhalten muss. Ob Ponde überhaupt noch eine Rolle spielt, ist unklar, er war ja wieder überhaupt nicht im Aufgebot.
Für Karpaty beginnt die Saison mit dem Spiel nächste Woche zu hause gegen Mariupol. Die beiden Niederlagen gilt es jetzt abzuhaken und dort mit einer ähnlichen Leistung wie heute hier anzutreten, dann sollten auch bald die ersten Punkte kommen.