Der offensive Mittelfeldspieler Levan Kenia spielte in der Saison 2012/2013 für Karpaty in einer der letzten “großen” Mannschaften der Grünweißen. Das sportliche Ziel, sich für den europäischen Wettbewerb zu qualifizieren, wurde deutlich verpasst, doch hatte der technisch versierte und elegante Georgier eine starke Saison und hinterließ einen bleibenden Eindruck. Sieben Jahre später blickt Levan im Interview auf seine Zeit in Lviv und andere Stationen seiner Karriere zurück.

Du bist ja in Deutschland dadurch bekannt geworden, dass Du bei Schalke 04 spieltest. Als Du nach Deutschland kamst, warst Du noch sehr jung. Wie siehst Du rückblickend Deine damalige Entscheidung?
Das ist eine ganz schön schwierige Frage, über die ich immer noch sehr oft nachdenke. Die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen, war auf jeden Fall schon einmal gut. Andererseits habe ich damals in dieser frühen Phase meiner Karriere viele Fehler gemacht.
Das alles fing an mit der Verletzung. Ich hatte insgesamt drei Operationen, und verbrachte viel Zeit in der Reha, um wieder fit zu werden. Insgesamt kostete mich das drei Jahre meiner Karriere, und das genau in der wichtigsten Zeit: ein Fußballer entwickelt sich ganz besonders im Alter von 17 bis 22 Jahren. Ich war 19, als ich mich verletzte, und ich war 22, als ich wieder richtig spielen konnte. Das war die schlimmste Zeit meiner Karriere. Die ganze Zeit ging es für mich darum, schnell wieder fit zu werden, und da machte ich vieles falsch.
Also was Behandlung und Reha betrifft, hat Dir nicht der Verein genau gesagt, was Du tun solltest und was nicht?
Grundsätzlich schon, aber ich wollte unbedingt so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen, und das war natürlich auch ein Interesse des Vereins. Es gab einen Aufbauplan, aber ich wollte alles schneller erreichen hielt mich deshalb nicht immer daran. Mir fehlte in dem jungen Alter auch einfach noch die Erfahrung, um das alles richtig einschätzen zu können.
Ich war 18, war bei einem Club, der in der Champions League spielte, die wollten mich auch schnell wieder auf dem Platz haben, ich spürte deren Vertrauen, nur andererseits muss Dir als jungem Spieler dann einer sagen “Junge, so geht es nicht, Du hast noch keine Erfahrung, Du musst Deine Muskulatur langsam aufbauen”. Aber zu diesem Zeitpunkt gab es niemanden, der mir das gesagt hätte.
Und so hatte ich einfach das Gefühl, dass das so schon irgendwie ginge, ich auch mit Schmerzen spielen könnte. Dann versuchte ich alles zu schnell, es gab Rückschläge, ich musste zum zweiten Mal operiert werden, dann noch ein drittes Mal, und nach drei Jahren Pause ist es natürlich sehr schwer, wieder zurückzukommen.
Andere entwickeln sich in der Zeit weiter, und Du kannst es nicht…
Genau, ich war nach drei Jahren zurück, sah, dass alle schon weiter waren und musste mit meinem dreimal operierten Fuß irgendwie mitkommen. Das war der härteste Test für mich, und ich habe mir damals letztlich meine Karriere ruiniert.
Trainer bei Schalke war ja damals Felix Magath, der für die meisten Deutschen sowohl berühmt als auch berüchtigt ist. Wie war es mit ihm?
Wenn ich fit war, war er für mich ein Super-Trainer. Er vertraute mir, ließ mich auch mit 18 schon spielen – 14, 15 Spiele, ich war immer dabei und fühlte mich richtig gut. Als ich dann verletzt war, änderte sich unser Verhältnis ein bisschen. Ich hatte Schmerzen, und er wollte mich möglichst schnell wieder in der Mannschaft haben. Ich glaube, bei uns fehlte ganz einfach medizinisches Personal, das den Trainer beraten hätte, wie stark er einen Spieler in Reha fordern durfte.
So scheint es mir jedenfalls im Rückblick. Ich war ja damals noch so jung, dass ich das alles gar nicht wirklich verstand. Hinzu kommt, dass ich auch noch nicht so gut deutsch konnte, das war zusätzlich problematisch. Du brauchst neben dem Feld gute Betreuer, die sich besonders um die jungen Spieler kümmern. Und damals, vor 10 Jahren, fehlte mir das.
Wie war denn Magath in sportlicher Hinsicht?
Magath war für mich etwas ganz besonderes. Als Trainer war der richtig gut – taktisch, und die Mannschaft war physisch topfit. Das Problem hatte ich, weil ich verletzt war, unter Schmerzen spielte und er nicht erkannte, dass das, was ich machte, meine Gesundheit gefährdete.
Magath ließ sehr offensiv spielen, mitunter sogar mit drei Stürmern. Bei ihm war Laufstärke wichtig, so dass wir in den letzten 15 Minuten unsere Gegner auseinandernehmen konnten. Das Niveau war da einfach unglaublich.

Nach Deiner Zeit in Deutschland kamst Du zu Karpaty. Ich erinnere mich an ein Zitat von Dir, dass es damals auch einige “größere” Clubs gab, die sich für Dich interessierten, aber Dich interessierte Karpaty am meisten, weil ihre Spielphilosophie zu Deiner passte. Haben sich Deine Erwartungen damals erfüllt?
Ich hatte mich gerade von dieser Verletzung erholt, und mir fehlte ganz einfach auch das Vertrauen – ich gehe auf den Platz und bin nicht mehr der, der ich vor der Verletzung gewesen war. Daher fand ich es etwas riskant, in Deutschland zu bleiben, denn das Niveau in der Bundesliga und in der zweiten Liga ist einfach sehr hoch, Du musst topfit sein, für mich das beste, was es gibt.
Meine Überlegung war: ich gehe für die nächsten 1..2 Jahre ein bisschen “herunter”, um erst einmal wieder richtig hereinzukommen, körperlich stabiler zu werden und mich nicht wieder so leicht zu verletzen. Dabei kam dann Karpaty Lviv heraus mit Trainer Nikolai Kostov. Ich hatte mir von ihm ein paar Spiele angesehen und mit ihm geredet, und das gefiel mir. Nikolai spielte 4:3:3, sehr offensiv, und das war genau “mein“ Spielsystem.
Ich plante, für 1..2 Jahre da zu bleiben, und wenn es gut liefe, dann möglichst nach Deutschland zurückzukehren, um dort zu beweisen, was ich kann. So kam ich nach Lviv, und dieses Jahr wurde zu einem der besten in meiner Karriere. Mit dem Trainer lief es richtig gut, wir hatten eine tolle Mannschaft, wir spielten einen schönen Fußball, und die Fans waren einfach unglaublich. Das war für mich ein unvergessliches Jahr.
Wie hat Dir denn Lviv gefallen? Wie war das Leben dort?
Super, ich fühlte mich wie zu hause, wir hatten auch noch einen Georgier in der Mannschaft [Murtaz Daushvili], die Leute waren alle sehr nett, die Stadt wunderschön, tolles Stadion, Fans. Damals gab es ja in der Stadt nur eine Mannschaft, Karpaty, alle waren fußballverrückt, Du wurdest in der Stadt erkannt, fast wie in der Bundesliga. Das ist eine sehr schöne Erinnerung.
Wie waren Deine Mannschaftskameraden?
Es war eine sehr nette Mannschaft, alle sehr sympathisch, aber auch sportlich: Lucas Pérez, der später bei Arsenal war, Semir Stilic, Hladkyj, der auf der “8” spielte, da waren schon ein paar richtig tolle Spieler dabei. Natürlich auch Khudobyak, der Mannschaftskapitän, auch ein guter Spieler.
Wie war denn Khudobyak so?
Der war ein Supertyp, ein echter Kapitän. Freundlich, immer hilfsbereit, eine nette Person.
Verfolgst Du noch den ukrainischen Fußball und was Deine früheren Mannschaftskameraden jetzt machen?
Ich folge natürlich auf Facebook immer noch dem Verein, habe auch hin und wieder mal ein Spiel angeschaut. Leider ist ja in der Ukraine aktuell das Leben nicht einfach. Durch den Krieg wird alles schwer, natürlich hat das auch eine Auswirkung auf den Fußball.
Früher spielten Dynamo und Shakhtar jedes Jahr in der Champions League, Shakhtar kam regelmäßig bis ins Viertel- oder Halbfinale, die hatten ja mit ihren Brasilianern eine Supermannschaft, aber dann war alles ziemlich kaputt.
Den Vereinen fehlt das Geld, den Menschen auch, und irgendwie ist in einer solchen Situation auch die Lust nicht mehr so richtig da. Viele haben Schreckliches erlebt. Dieser Krieg hat viel, sehr viel zerstört. Ich als Georgier kann das verstehen, wir hatten das im Jahr 2008.
Zurück zum Sport, Du hast damals 2012/2013 eine richtig starke Saison gespielt. Interessanterweise ja meist eher als Flügelspieler links, obwohl Du ja eher ein natürlicher Zehner bist?
Ja, ich hätte selber nicht gedacht, dass ich so zurückkomme. Mein Fuß war in Ordnung, und es war ein sehr gutes Jahr. Tatsächlich war ich bei Kostov meist Linksaußen. Wir spielten immer mit starkem Pressing, dem Gegner früh den Ball abnehmen und dann aufs Tor gehen, und das klappte in der Konstellation sehr gut.
Heute spielen ja Linksfüßer meist eher rechts, um dann von der Seite in den Strafraum ziehen zu können.
Richtig, das war damals noch etwas anders. Ich kann sowieso auf beiden Seiten spielen, das war für mich also eigentlich egal. Aber bei Kostov war ich immer auf der linken Seite.
Ursprünglich bin ich eigentlich ein Zehner. Ich spiele gern hinter den Spitzen, hole die Bälle ab, verteile sie und bin nah zum Tor. Das mag ich – diesen “letzten Pass” spielen. Aber wenn der Trainer mich gern rechts oder links haben möchte, ist das auch kein Problem. In Lviv war das mein bestes Jahr, 25 Spiele, Assists, Tore, ich war in richtig guter Verfassung.
Welche Unterschiede sind Dir besonders aufgefallen zwischen zwischen der Arbeit und auch der Spielweise in Deutschland und der Ukraine?
Deutscher Fußball ist schon etwas anderes – für mich eine der besten Ligen der Welt: Zweikämpfe, Schnelligkeit, Kraft, taktisch erstklassig. Die UPL ist da etwa eine bis zwei Stufen niedriger – jetzt auf jeden Fall, damals natürlich noch etwas besser.
In der Bundesliga ist es sehr eng auf dem Platz. Die Gegenspieler sind sofort da, es wird sehr schnell verschoben. In der Ukraine hast Du mehr Zeit, mehr Raum.
Bei Magath wurde ja wie gesagt sehr auf das Physische geachtet, bei Karpaty spielten wir mehr auf Ballbesitz, sehr technisch, und uns als Spielern war auch mehr erlaubt, Dinge mit dem Ball zu machen.
Das kam Dir sicher entgegen?
[lacht] Ja, das ist richtig. Ich brauche auf dem Platz ein wenig Freiheit, um mein Spiel zu spielen.
Ironischerweise war ja die Saison in Lviv, wo Du so stark gespielt hattest, für die Mannschaft nicht erfolgreich.
Natürlich war das Resultat enttäuschend. Wir wollten uns für die Europa League qualifizieren, und das verfehlten wir total. Da ging dann einiges schief, und das, was wir uns vorgenommen hatten, klappte nicht so.
Woran könnte das gelegen haben?
Das kann ich auch nicht so genau erklären. Du denkst, es läuft, aber am Ende kriegst Du keine Ergebnisse. Einige Spiele wurden praktisch in letzter Minute gegen direkte Konkurrenten verloren, irgendetwas blödes passiert. Das ist eben Fußball.
Am Ende erklärte ja Präsident Dyminskyj, nun müssten alle Spieler verkauft werden. Du warst auch dabei. Wir ging es Dir da?
Ja, das war auch so eine Sache. Ein paar Monate vorher wollten die kein Gehalt mehr bezahlen. Für mich war das dann so, dass ich ohne Nikolai [Kostov], der dann nicht mehr da war, auch nicht bleiben wollte, das war schon nicht mehr das gleiche.
Da bekam ich dann das Angebot aus Düsseldorf. Ich überlegte zwar noch lange, ob ich das Angebot annehme, denn in Deutschland hatte ich dann wieder diese Gefühle, die Erinnerung an meine Verletzung. Deshalb hatte ich zunächst einige Zweifel und wartete noch eine Weile ab, ob noch Angebote aus einer anderen Liga kämen. Woanders in der Ukraine wäre auch denkbar gewesen, oder vielleicht sogar Spanien – das erschien mir damals eigentlich als die beste Option.
Aber letztlich nahm ich das Angebot aus Düsseldorf an und blieb dort für ein Jahr. Leider war das nicht so erfolgreich, ich hatte auch wieder mit Verletzungen zu kämpfen.

Mike Büskens hat Dich damals geholt, richtig?
Richtig, mit Mike hatte ich vorher in Schalke gearbeitet, als ich noch fit war, und er kannte mich von damals noch. Er hatte sich meine Spiele bei Karpaty angesehen und sagte: “Du hast Dein Niveau wieder erreicht”.
Also nahm ich noch einmal einen Anlauf in der zweiten Bundesliga. Die ersten Spieltage waren richtig gut, aber dann kam gleich wieder eine Verletzung. Ich musste pausieren, und Du weißt ja, wie das in Deutschland läuft – da ist eine große Konkurrenz, das wird dann schwer.
Büskens war dann nach ein paar Monaten weg, und der neue Trainer [Lorenz-Günther Köstner] hatte ganz andere Vorstellungen, wollte “seine” Spieler bringen, die übliche Geschichte im Fußball – und ich musste weg. Leider.
Wenn Du auf Deine bisherige Karriere zurückblickst, welcher von Deinen Trainern hat Dich besonders geprägt, mit welchem hast Du besonders gern gearbeitet?
Ganz klar Nikolai Kostov. Mit ihm bin ich am besten klargekommen, der gab mir das Vertrauen, das ich auf dem Platz brauchte, und so konnte ich auch das beste zeigen.
Du bist jetzt bei einem georgischen Verein unter Vertrag. Könntest Du Dir vorstellen, noch einmal irgendwo im Ausland zu unterschreiben, bevor Du Deine Karriere beendest?
Es gibt im georgischen Fußball wie auch woanders große Probleme durch den Coronavirus, es wurde nicht gespielt, es fehlt Geld. Ich bin ja die letzte Zeit hier in Deutschland gewesen, und jetzt habe ich noch zwei Wochen Vertrag, den ich nicht verlängern werde. Es ist aktuell auch nicht so ohne weiteres möglich, von hier nach Georgien zu kommen, es gibt keine Flüge.
Ich wohne in Deutschland, habe schon seit damals ein Haus, und meine Familie ist auch hier, und hier fühle ich mich wohl. In diesem Jahr werde ich 30, und ich hoffe, dann, wenn ich verletzungsfrei bleibe, noch 2..3 Jahre als Spieler zu haben – gern hier in in Deutschland, vielleicht in der dritten Liga noch einmal richtig alles herausholen. Momentan bin ich also im Wartemodus.
Vielleicht auch in der 2. Bundesliga?
Ja, das wäre natürlich nicht schlecht. Nur is das hier eben auch Deutschland – die wollen junge Spieler. Aber mal schauen, im Fußball ist alles möglich. Ich suche meine Chance und habe immer gekämpft. So will ich jetzt auch meine Karriere abschließen. Ich habe noch ein paar Worte zu sagen.
Was sind denn Deine Pläne für die Zeit nach Deiner Karriere als Spieler?
Ich plane, die Trainerlizenz zu machen. Mit der ganzen Erfahrung, die ich gemacht habe, kann ich sicher etwas machen – so viele Leute, so viele Kulturen kennengelernt, spreche 4 Sprachen, das kann ich gut umsetzen. Und die Sprache des Fußballs ist ohnehin überall gleich!
Wie wichtig ist Fußball in Georgien?
In Georgien ist zur Zeit alles ein bisschen kompliziert. Früher zu sowjetischen Zeiten war Fußball für die Leute wie in Deutschland. Dynamo Tiflis war ein großer Verein, gewann Titel. Dann war 1990 in meinem Land Bürgerkrieg, und alles ging bergab. Das Leben in Georgien ist in vielem schwerer als in der Ukraine. Georgien ist ein kleines Land, jeder kennt jeden, und es gibt einfach zu viele Probleme, als dass es dem Fußball gut gehen könnte.
Natürlich wird in den Straßen gespielt, der Ball läuft, Leute sprechen Dich an, es wird Champions League, Bundesliga und Premier League geguckt, aber in der georgischen Liga sind die Stadien leer, und das Niveau kommt einfach nicht hoch. Natürlich fehlt es an Geld, ausländische Spieler wollen nicht kommen, es entwickelt sich nicht.
Aber Talente produziert Deine Heimat immer noch?
Auf jeden Fall, da gibt es eine Menge Talent. Die Fußballkultur liegt im Blut. Aber es fehlt die Infrastruktur. Es liegt eine Menge Arbeit vor uns.
Seit einigen Jahren ist Kobiashvili Präsident des Fußballverbands. Der versucht da immer, etwas anzuschieben, aber es ist wirklich schwer. Du brauchst professionelle Leute um Dich herum, Organisation. Es muss einfach echtes Interesse da sein, und in Georgien interessieren sich die Leute zur Zeit mehr für Politik. [lacht] Die Leute kennen mehr Politiker als Fußballspieler!
Es ist immer wieder talentierten georgischen Fußballern schwer gefallen, im Ausland den Durchbruch zu schaffen. Was ist Deine Einschätzung, woran liegt das?
Es gab schon einige georgische Spieler, die auch konstant die Leistung brachten, wie etwa Kobiashvili, Kaladze, Qazaishvili oder Iashvili. Aber viele andere schaffen das nicht, und das liegt das oft an mentalen Problemen.
Es fängt an mit unserer Mentalität, die ist anders als z.B. in der EU. Es fehlt auch die systematische Ausbildung, wie es sie in Deutschland gibt. Ein Fußballer wird in Georgien groß, und er hat nicht diese Stabilität, um sich voll auf den Fußball zu konzentrieren.
Als ich nach Deutschland kam und hier in der A-Jugend spielte, lebten alle nur für den Fußball, wollten unbedingt Profis werden, und wenn sie das geschafft hatten, waren sie immer noch gierig und gaben weiter Gas.
Bei Georgischen Spielern ist das oft anders. Sie schaffen es, Profis zu werden, und dann lassen sie gern mal locker und denken, dass trotzdem alles noch klappt. Das reicht nicht mehr bei dem Niveau, das die Bundesliga hat, die Premier League usw., da musst Du jeden Tag die berühmten 120% bringen. Das ist etwas, das uns ein wenig fehlt.
Ansonsten haben wir viel: gute Technik, Spielverständnis, alles da. Wenn wir dann stehen bleiben, dann kommt das meist vom Kopf.
Kürzlich konnten georgische Jugendmannschaften einige Aufmerksamkeit erregen. Wie beurteilst Du die Chancen der kommenden Generation georgischer Spieler im internationalen Fußball?
Jugendmannschaften waren immer gut in Georgien. U17, U19, da haben wir immer große Talente gehabt. Aber dann kommt U20, U21. Und wenn Du dann in der georgischen Liga bleibst, entwickelst Du Dich nicht mehr weiter.
Wenn Du aber mit 20, 21 Jahren in die Bundesliga kommst und dort viel mit anderen jungen Spielern zu tun hast, dann ist das etwas ganz anderes. Aber das kann auch nicht jeder im Kopf verarbeiten. Das schaffen dann am Ende von 100 talentierten Spieler nur einer oder zwei.
Wenn Du jetzt jemandem aus Deinem Land einen Rat geben möchtest, der eine Fußballerkarriere starten möchtest, was würdest Du ihm sagen?
Wenn Du hierher nach Deutschland kommst oder nach Belgien, versuche Dich schnell anzupassen – nicht nur in Sachen Fußball, sondern auch in den ganzen Lebensbereichen. Du musst leben wie ein Profi, und das gibt es einfach nicht so in Georgien.
Es ist hier eine ganz andere Welt: Du kommst ins Stadion, da sind 30.000 oder 40.000 Zuschauer, Rundfunk, Presse, jeden Tag zum Training, Druck, viel Konkurrenz, für jede Position gibt es 3..4 gute Spieler, das ist in Georgien einfach ganz anders.
Dann hast Du es eigentlich richtig gemacht, indem Du so jung gegangen bist?
Ja, im Grunde habe ich das richtig gemacht. Nur hatte ich dann natürlich dieses Pech. Mir fehlte die Erfahrung, und körperlich ging ich dann richtig kaputt.
Dann muss es in dem Land, wofür Du Dich entscheidest, möglichst professionelle Strukturen geben, die Dich darin unterstützen?
Auf jeden Fall. Du brauchst professionelle Beratung, dass hinter Dir jemand steht, der Dir Hinweise gibt. In den letzten 10 Jahren hat sich da auch viel verändert. Die Spieler selber sind schon viel cleverer geworden als zu meiner Zeit.
Wenn Du mit 18 Jahren da hinein kommst und da auch gleich viel Geld im Umlauf ist, musst Du einfach schlau sein. Das geht nicht nur um Fußball, sondern um Dein Umfeld, wie Du lebst, mit welchen Leuten Du Kontakt hast, und so weiter.
Deine Heimat Georgien ist berühmt für seine Küche und – wahrscheinlich sogar noch mehr – seine ausgezeichneten Weine. Was ist Deine Verbindung zu diesen Traditionen Deiner Heimat?
Lass mich nicht lügen, ich trinke nicht besonders gern, zu Wein kann ich daher nicht viel sagen. Aber was das Essen angeht, das stimmt natürlich. Unsere Küche ist einfach super, und ich rate allen, das zu probieren, zum Beispiel in einem georgischen Restaurant, wenn es eines in der Nähe gibt.
Aber für Sportler ist das gar nicht so gut, nach ein paar Tagen nimmst Du schon zu [lacht]! Tatsächlich haben viele georgische Spieler mit Gewicht zu kämpfen, das liegt auch daran, dass sie gern etwas ungesund essen, da muss man wirklich aufpassen. Aber für andere ist das kein Problem, sehr lecker.
Was den Wein betrifft, haben wir ja eine uralte Tradition in Georgien, das muss man auch probieren.
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