Stürmer Mariyan Shved, Topscorer in seiner letzten Saison bei den Grünweißen und bekennender Karpaty-Fan, steht zunehmend vor den Trümmern einer einst hoffnungsvollen Karriere. Was ist passiert?

Shved war im Sommer 2019 für satte 2 Mio Euro aus Lviv zu Celtic Glasgow gewechselt, dem er unter einigen anderen zahlungswilligen Bewerbern den Vorzug gegeben hatte. Sein erster kurzer Einsatz bei der ECL-Qualifikation, wo er ein schönes Tor erzielte, machte noch Hoffnung, dass dies der richtige Schritt gewesen sein könne. Danach lief für ihn allerdings nichts mehr nach Plan. Trainer Brendan Rodgers verließ bereits in genau der selben Sommerpause den Club, um Trainer bei Leicester City zu werden und wurde in Glasgow durch Neil Lennon ersetzt, der zwar beteuerte, bei Shved großes Potential zu sehen und ihm Zeit für seine Entwicklung geben zu wollen, aber letztlich nicht auf ihn setzte: Shved spielte in der gesamten Saison danach insgesamt nur 20 Minuten und saß bei allen anderen Spielen nicht einmal auf der Ersatzbank.
Für seine Schwierigkeiten, sich in Glasgow zu akklimatisieren, wurde zunächst meist auf den sehr physischen Stil der Schottischen Liga verwiesen, was dem filigranen Techniker Shved sicher nicht lag und für ihn bedeutete, Kraft und Robustheit zuzulegen. Aber das war offenbar nicht das Hauptproblem. Wie man aus Quellen rund um Trainer und Mannschaft hörte, sprach der zudem noch introvertierte Shved praktisch kein Englisch und – was erst wirklich schlimm machte – unternahm offenbar auch keine nennenswerten Anstrengungen, daran etwas zu ändern. So fehlte ihm der Anschluss an die Mannschaft, und er hatte Schwierigkeiten, den Anweisungen des Trainers auf dem Platz zu folgen. Entsprechend war bereits in der letzten Winterpause der Ruf laut geworden, den Spieler in eine Umgebung zu verleihen, wo er Spielpraxis sammeln und seine Defizite aufarbeiten könnte. Letztlich blieb Shved doch aus Gründen, die nicht so ganz klar waren, in Glasgow: scheinbar war aber auch Trainer Lennon ein wenig hin und her gerissen und konnte sich zu keiner Entscheidung durchringen .
Im Sommer kam es aber doch zu dem erhofften Wechsel auf Leihbasis – sein neuer Club für die jetzt laufende Saison sollte der KV Mechelen in Belgien werden. Das wirkte zunächst wie eine gute Idee: Belgische Clubs sind traditionell gut darin, Talente zu entwickeln, wie auch andere ukrainische Spieler, etwa Bohdan Mykhajlichenko und Roman Yaremtschuk gezeigt hatten. Dass Mechelen ein Club des unteren Tabellendrittels ist, führte zu geteilten Meinungen – einerseits die Hoffnung auf mehr Spielzeit für ihn, andererseits aber ein Club, der möglicherweise nicht nicht zu seinen Ambitionen (und auch denen seines Stammclubs) passen könnte.
Bei Mechelen kam Shved in dieser Saison aber auch nicht so richtig in Gang. Ganze 54 Minuten in 3 Spielen stand er auf dem Platz. Zwar war er auch durch eine COVID-19-Infektion für einige Wochen aus dem Gefecht, dennoch ist diese Bilanz klar enttäuschend. Schlimmer noch wird es durch das, was nun sein Trainer Wouter Vrancken gestern im belgischen Portal HLN über den Spieler sagte:
Ich werde meine Zeit nicht mehr mit ihm verschwenden. Spieler und Mitarbeiter tun alles, um Shved einzubeziehen. Aber er stellt sich über die Gruppe. Er kommt regelmäßig zu spät und scheint nicht hier sein zu wollen. Das Personal und die Spieler haben mehrmals mit ihm gesprochen. Ich habe privat mit ihm gesprochen, ich habe ihn auch in der Gruppe angesprochen. Wenn Sie nicht einmal eine Antwort erhalten… Nun, dann wird das aufhören.
Wenn Du ein Einzelgänger sein willst, dann kannst Du das. Aber dann geh Billard spielen oder so. Dann gehörst Du nicht zu diesem Team, in dem alle füreinander durch das Feuer gehen. Er ist introvertiert. Und seine Arroganz macht es noch schlimmer.
Es gibt viele Spieler, die trotz ihrer Qualitäten nicht das Beste aus ihrer Karriere herausholen. Das hier droht auch eine solche Geschichte zu werden. Wenn es doch noch Klick in seinem Kopf macht, umso besser – dann haben wir einen Spieler hoher Qualität. Wenn der Klick nicht kommt, kann ich nicht akzeptieren, dass er sich über die Gruppe stellt.
Im Artikel wird auch ein namentlich nicht genannter Mannschaftskamerad zitiert:
Mariyan ist ein schüchterner Typ. Er ist stark in Eins-zu-Eins-Situationen und ein guter Finisher. Jemand mit vielen Qualitäten. Aber er hat eine unglaublich schlechte Einstellung. Ich kann verstehen, dass der Trainer nicht zufrieden ist.
Es sieht aktuell nicht so aus, als würde aus der Leihe nach Belgien für Shved eine Erfolgsgeschichte werden, und ein vorzeitiger Abbruch seiner Leihe in der Winterpause scheint wahrscheinlich. Die Probleme, von denen hier berichtet werden, passen leider zu denen, die er schon in Glasgow hatte. Offenbar ist er schüchtern, und es fällt ihm schwer, sich in die Gruppe zu integrieren. Ob er wirklich „arrogant“ ist, kann man unter diesen Umständen schwer beurteilen, da genau diese Art Schwierigkeiten nach außen leicht so wirken können. Ausschließen kann man es hingegen auch nicht, da Mechelen sicherlich nicht die Art von Club ist, wo Shved seine Zukunft sieht.
Quellen zufolge hat Shved bisher immer ein sehr behütetes Leben geführt, in dem seine Familie sich stets um alle seine Angelegenheiten kümmerte. Diese Unselbstständigkeit dürfte es ihm auch hier schwer machen, nachdem sein erster Versuch, im Ausland bei FC Sevilla in Spanien Fuß zu fassen, unter ähnlichen Umständen (der Spieler war isoliert, hatte keine Bindung zu Mannschaftskameraden) bereits gescheitert war.
Mariyan ist jetzt 23 Jahre alt. Das ist genau die Phase seiner Karriere, wo er auf dem Platz stehen, Erfahrung sammeln und als Spieler wachsen muss. Ob ihm das gelingt, wird vor allem von ihm selber abhängen, und wenn er bis heute noch nicht gelernt hat, wie ein Erwachsener zu agieren, ist jetzt fast schon seine letzte Chance, diesen Schritt zu machen. Ein aktuell wahrscheinliches Scheitern in Mechelen wird nicht dazu geeignet sein, andere europäische Clubs zu einer Verpflichtung zu motivieren, und in Glasgow dürfte es auch nicht anders weitergehen als in der Vorsaison.
Eine weitere Option bliebe: die Rückkehr in die Ukraine, dann aber sicher nicht nach Lviv (und wohl auch kaum nach Halytsch), aber vielleicht Dynamo? Freilich muss uns – und ihm! – dabei eines klar sein: bei einem ukrainischen Club wird er weder Englisch lernen, noch, sich im Ausland als Erwachsener allein zu behaupten, folglich wäre der Weg „nach hause“ eine Reise ohne Rückfahrkarte.
Статтю можна читати укранською мовою тут: „Якщо ти хочеш бути одинаком – йди грати в більярд“: у Шведа грандіозні проблеми в Мехелені – що відбувається?
You can find an English version of this article here: Big Problems for Mariyan Shved