Erklärung von Serhij Bolotnikov

Nach seinem Ausscheiden aus dem Club hat Serhij Bolotnikov heute wie versprochen eine ausführliche Erklärung veröffentlicht, die wir hier im Wortlaut wiedergeben.

Serhij Bolotnikov, Photo: Sport 24

Jetzt kommen viele Worte. Aber hier sofort eine Warnung – dies ist keine offizielle Stellungnahme, sondern ganz einfach die Interpretation einer Person, die nicht mehr im Verein ist.

Ich kam zu Karpaty, als wir vor zwei einfachen und gleichzeitig sehr schwierigen Aufgaben standen:

1. Die Marke „Karpaty“ zu retten, indem wir den Club neu starten, im Idealfall nächste Saison in der Perscha Liha [ukr. 2. Liga].

2. Die Grundsätze, nach denen der Club arbeitete, zu ändern – damit anzufangen, die Überreste des oligarchischen Modells in ein Geschäftsmodell umzuwandeln.

Zum ersten Punkt: Das Minimalziel, wie man im Fußball sagt, ist umgesetzt. Der Schlussstand: Karpaty leben, mit altem Emblem, ohne Oligarchen, die den Club überzeugt zu Grabe geführt haben, und sogar ohne kahle Betrüger. Das Hauptverdienst dabei liegt natürlich nicht bei uns. Aber wir haben alles in unserer Macht stehende dafür getan. Wir ließen keine Unterbrechung der Geschichte des Clubs zu, retteten das Wappen, lösten die Frauenmannschaft nicht auf, vernachlässigten nicht die Akademie, verteidigten das Heimstadion, akzeptierten die Schulden und so weiter. Es war schwierig, aber wir hielten alles, um zu versuchen, den FK Karpaty vollwertig auf Grundlage einer anderen juristischen Person neu zu starten.

Leider ist es uns nicht gelungen, ein Ticket in die erste Liga zu bekommen (deshalb haben wir so lange geschwiegen – Optionen gab es bis zum letzten Moment, aber wenig davon hing von uns ab). Wäre uns das gelungen, hätten wir die Erneuerung von Karpaty umgesetzt. Aber es ist völlig in Ordnung, wenn das nun jemand anderes tut. Wir haben unsere eigenen Ambitionen nicht über die Interessen des Clubs gestellt und die Rettung von Karpaty nicht zur Farce gemacht, Knüppel zwischen die Beine geworfen, indem wir Tribunale organisiert und die Authentizität von Klonen des Clubs gemessen hätten, wie es in anderen Städten der Fall ist. Tatsächlich wurde aus Plan B – mit gutem Gewissen, anderen Platz zu machen – Plan A.

Zur zweiten Aufgabe denke ich, dass wir 10 Monate lang unser Bestes gegeben haben, was uns unter solchen Bedingungen möglich war. Wir optimierten Budget und Personal, begannen, Gehälter aus dem Schatten zu ziehen, unterzeichneten Verträge mit drei Sponsoren, entwickelten eine neue Außendarstellung und ein einzigartiges System von Sponsoring-Paketen, erstellten ein neues System zur Vermietung von Plätzen, führten E-Tickets ein, machten eine Bestandsaufnahme, entwickelten einen neuen Internet-Shop und eine neue Website, begannen mit Patreon, veröffentlichten die Reihe „der kahle Betrüger“ (Лисий Аферист) auf YouTube, fügten zu unserer Sozmedien-Präsenz Telegram, Tik-Tok hinzu und reanimierten Twitter, entwickelten neue Spielkleidung, impften Fans, gründeten ein neues Büro, begannen Verhandlungen über den Verkauf von TV-Rechten und damit, ein eigenes Pay-per-View-System zu entwickeln, organisierten eine Fanzone für die Europameisterschaft und begannen damit, vor den eigenen Spielen einen großflächigen Entertainment-Bereich zu schaffen. Nun, viele kleine Dinge.

All dies wurde von fünf „+ einhalb“ Leuten getan. Unsere Ausgaben waren 1,5 Millionen UAH (Gehälter mit Steuern). Einnahmen: 2,8 Millionen UAH. Aber wir hatten auch keine großen Einnahmen erwartet in einer Situation, in der der alte Verein in der Druha Liha [ukr. 3. Liga] das Schlusslicht bildete, ein neuer noch nicht geschaffen war und das Land unter einer Pandemie leidet. Die Hauptaufgabe bestand darin, alle Prozesse vor dem Erneuerung auszuführen, um keine Zeit und kein Geld zu verschwenden. Nach unserem Plan sollte der Verein in der nächsten Saison mindestens 9 Mio. UAH in der Druha Liha verdienen und etwas oberfhalb von 19 Mio. UAH, wenn er in die Perscha Liha käme. Dies ist natürlich keine Obergrenze der Träume, aber doch eine ziemlich gute Grundlage.

Was wir getan haben und tun werden, hätte die meisten UPL-Clubs nicht gestört und schon gar nicht die PFL [Verband professioneller Fußballclubs]. Daher hoffe ich sehr, dass die neuen Karpaty nicht zum oligarchischen Modell „Feiern, solange das Geld reicht“ zurückkehren, die Rolle der Fans verstehen und in die gleiche Richtung arbeiten wie wir. Dies ist viel wichtiger, als die Frage, wer genau das tun wird.

Unter bestimmten Bedingungen war ich natürlich bereit, weiterzumachen. Aber er erhielt kein Angebot vom neuen FK Karpaty. Ihre Führung scheint meine Ziele zu teilen, aber meine Methoden passen nicht zu ihnen. Was genau gemeint ist – das habe ich nie verstanden. Aber keine Beleidigungen meinerseits, die Leute haben jedes Recht auf ihre eigene Vision, sie waren nicht verpflichtet, mir etwas zu erklären, geschweige denn mir Arbeit anzubieten.

Überhaupt kam das für mich auch nicht überraschend. Vor einem Monat hatte ich schon geahnt, dass nicht nur ich, sondern generell keiner aus unserem Team im neuen Verein sein wird. Soweit ich das verstanden habe, liegt das Problem nicht nur in meinen Methoden. Es ist gefährlich für den neuen FK Karpaty, das gleiche Management oder die gleichen Spieler einzuladen, die gleichen Vermögenswerte (auch immaterielle, wie zum Beispiel soziale Netzwerke) zu übernehmen und sich ohne Notwendigkeit mit ihren Vorgängern zu verbinden. Denn dann könnten auf einmal alle Probleme des alten Klubs hereinbrechen – Schulden, Transfersperre, Punkteabzug, Forderungen aus Zypern oder Griechenland usw. Dies belegen Beispiele von Klagen bei anderen wiedergeborenen Clubs. Deshalb sind die Kommentare aller Offiziellen jetzt so lakonisch, vorsichtig und distanziert wie möglich.

Die Angst vor möglichen Problemen entspricht meiner Meinung nach nicht dem Ausmaß der realen Bedrohung. Wir hätten viel mutiger gehandelt. Aber diese Haltung ist verständlich. Ich hoffe, es ist nur eine Frage der Zeit – wenn die Schulden zurückgezahlt sind, wird die oligarchische Vergangenheit die Zukunft des Klubs nicht mehr so ​​stark beeinflussen. Also werde ich persönlich natürlich die neuen Karpaty unterstützen, ich bleibe Patreon des Clubs (wenn sie es wagen, das zu übernehmen) und ich werde warten, bis es ihnen gelingt, die Marke vollständig wiederherzustellen und etwas Cooles aufzubauen. Wenn es ihnen nicht geklingt, werde ich sie kritisieren, so wie alle Fans.

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So, und nun noch die traditionellen Worte der Dankbarkeit. Zuallererst an Oleh Smalijtschuk für sein Vertrauen und das Angebot. Er ist ein schwieriger Mensch, es ist nicht leicht mit ihm zu arbeiten, seine Sturheit und Emotionalität waren manchmal furchtbar nervig. Aber das sind Kleinigkeiten, wenn eine Person die richtigen Ziele, Prinzipien und Eier hat. Das fehlt 99% der Manager im ukrainischen Fußball.

Vielen Dank an das Team, das ist unglaublich bei Karpaty. Diese Leute haben 4 Monate ohne Gehalt überlebt, haben den Verein nicht verraten und haben ihren Job immer professionell gemacht. Es war ein Nervenkitzel und eine Ehre, mit euch zusammenzuarbeiten, Leute. Vergesst nicht, die Fische zu füttern 😀

Danke natürlich an die Fans. Vielen Dank für Eure Geduld denen, die uns nicht glaubten (denn wenn Ihr auf den „König“ wartet, werden Leute wie wir schrecklich wütend). Und danke für die Unterstützung derer, die uns glaubten (denn die Mentalität von „zuerst zeig was“ in „willst Du etwas – tu es oder hilf wenigstens“ zu ändern, ist sehr schwierig, manchen Menschen reicht dafür ein ganzes Leben nicht). Eure Bemühungen waren nicht umsonst, glaubt mir. Ich dachte, es würde lange und mühsam sein, alle von meiner Idee zu überzeugen, dass es ein Kampf gegen Windmühlen würde, aber es kam genau umgekehrt. Ihr seid es, die meine Überzeugung bestätigen, dass der gemeinsame Aufbau eines Clubs keine naive Romantik ist, sondern Realität. Ähnliche Gefühle hatte ich nur einmal – auf dem Maidan. Mit solchen Fans werden Karpaty nie verschwinden. Die Zeit wird kommen!

Quelle: Facebook, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors