Karpaty – Volyn‘: 0:0

Heute spielten Karpaty ihr Hinspiel des Relegations-Playoffs zuhause gegen Volyn‘. Dieses westukrainische Derby hatte in der UPL eine Tradition, bevor Volyn‘ vor einigen Jahren abstieg. Den Kadern nach sollte eigentlich alles klar sein, aber was war das schon nach dieser katastrophalen Saison. Das Stadion „Ukrajina“ war trotz freien Eintritts und Aufrufe verschiedener Fangruppen, die Mannschaft zu unterstützen, zwar voller als sonst, doch waren dennoch viele Ränge leer geblieben.

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Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Die Aufstellung war nach dem Spiel letzte Woche gegen Arsenal verändert. Es gab ein 3:4:3 mit Kuchynskyj im Tor, davor Fedetskyj, Kovtun und Mehremic, im Mittelfeld Myakushko, Klyots, Hongla und Busko, im Sturm Di Franco, Ponde und Hutsulyak.

Auf der Bank saßen Torwart Penkov, der junge Innenverteidiger Avramenko, Wingback Slyva, Mittelfeldspieler Tolotschko sowie die Offensivspieler Lyakh (ebenfalls ein Nachwuchsspieler), Mendez und Debelko. Miroshnichenko, der in den letzten Wochen stark gespielt hatte, fehlte. Ebenfalls die erfahrenen Innenverteidiger Nesterov und Gueye, der heute erst den Club verlassen hatte, waren nicht im Kader.

Karpaty begannen offensiv und kamen gleich in der ersten Minute zu ihrem ersten Eckstoß, der nicht schlecht getreten war, aber nichts einbrachte. Volyn‘ gelangte in den ersten 10 Minuten genau zweimal in die gegnerische Hälfte – das zweite Mail hatte es allerdings in sich, nachdem Klyots im Mittelfeld den Ball vertändelt hatte und Mehremic und Kovtun zu einer konzertierten Rettungsaktion im Strafraum zwangen. Es folgte die erste Ecke für Volyn‘ nach einem von Kuchynskyj abgewehrten Weitschuss und danach gleich noch zwei. So hatten die Gäste innerhalb von 2 Minuten mehr Chancen als Karpaty in den 10 Minuten davor zusammen. Das sah alles beunruhigend aus, denn die Abwehr der Hausherren wirkte alles andere als sicher.

Nachdem es mit Hängen und Würgen gelungen war, wieder in Ballbesitz zu gelangen, ging es danach aber vorerst im Strafraum der Gäste weiter. Das wirkte streckenweise wie ein Powerplay im Eishockey, man spielte sich den Ball um den Strafraum herum zu, wo die ganze gegnerische Mannschaft versammelt stand. Aber die Einschläge kamen nun auf der anderen Seite doch näher – ein Ballverlust führte sofort zu einem schnell vorgetragenen Konter, bei dem Kozhanov am Ende nur knapp das Tor verfehlte.

Das ging so eine Weile weiter, bis nach 24 Minuten Hongla einen sehr schönen Angriff einleitete, der nach einer kleinen Ballstafette in den Strafraum hinein ein Tor verdient hätte, leider verzog Ponde, so dass der Ball hoch am Tor vorbei ging. Dennoch war deutlich, dass Volyn‘ Selbstbewusstsein gewonnen hatte und immer gefährlicher wurde. Die Hausherren hatten noch einige weitere Chancen bis zur Pause, aber es ging letztlich leistungsgerecht torlos in die Kabinen: Karpaty hatten mehr, Volyn‘ die besseren Chancen, der Torarmut-Blues der letzten Wochen seit Shveds Weggang hielt weiter an.

Die zweite Halbzeit begann ohne personelle Änderungen bei Karpaty ähnlich wie die erste offensiv. Dabei wurden die Chancen für Karpaty gefährlicher – etwa verfehlte Ponde nach 50 Minuten aus aussichtsreicher Position nur knapp das Tor. Der Schwung ließ dann etwa 10 Minuten danach schon wieder etwas nach. Volyn‘ stand hinten richtig gut, und Karpaty haben nun einmal zur Zeit ihr großes Problem vor dem gegnerischen Tor. So wirkte das Anrennen oft etwas uninspiriert.

Nach 66 Minuten gab es dann wenigstens eine Chance durch eine Standardsituation. Di Franco war etwa 4 Meter von der Strafraumgrenze zu Fall gebracht worden, und nun durfte Linksfuß Hutsulyak sich einmal versuchen. Das tat er mit viel Kraft, aber am Tor vorbei, weiter 0:0. Karpaty wirkten immer weniger überzeugt, dass sie noch ein Tor erzielen könnten. Es häuften sich die einfachen Ballverluste, und das, obwohl der Gegner fast ausschließlich auf Konter setzte, also eigentlich eine Menge Platz zum Fußballspielen ließ.

Es dauerte bis Minute 73, bis es endlich wieder einen Torschuss zu sehen gab: ein angeschnittener Distanzschuss von Ponde, der immerhin zu einer Ecke führte. Gleich danach gönnte sich Myakuschko aus der Distanz einen flachen Schuss ins linke Eck, der aber gerade noch abgewehrt werden konnte. Noch 15 Minuten plus Nachspielzeit.

Von Volyn‘ war derweil eher wenig zu sehen. Die Konter waren immer noch gefährlich, aber die Dreierkette bei Karpaty wirkte nun sicherer und besser abgestimmt. Riskant blieb die Spielweise dennoch. Um diese Zeit war dann für Di Franco Feierabend. Für ihn kam Mendez, ein gelernter Rechtsaußen, der aber vorletzte Woche gegen Chornomorets‘ schwach gespielt hatte. Mendez kam auch gleich zu seiner ersten Strafraumszene nach Doppelpass mit Ponde, ließ sich allerdings abdrängen, so dass keine Gefahr entstand. Gleich eine Minute später brachte er Ponde an der Strafraumgrenze in Schussposition, der aber überhastet weit über das Tor hinweg schoss. Noch 10 Minuten plus Nachspielzeit.

Ponde ging danach vom Platz, und für ihn kam Debelko, der gleich einen Freistoß aus Myakushko-Entfernung herausholte, der den aber direkt in die Mauer schoss. Um die Sache noch schlimmer zu machen, verletzte sich nun auch noch Busko, der nach einem Luftduell unglücklich aufkam und sofort signalisierte, dass er vom Platz müsse. So durfte Slyva noch für die letzten 5 Minuten auf den Platz.

Die Frustration war auch beim Publikum zu spüren, die einfach schon mal das Sylvesterfeuerwerk vorzogen – es knallte aus allen Richtungen, und die Böller schlugen auf dem Platz hinter den Toren nur so ein. Dadurch verstrich weitere wertvolle Zeit, und die reguläre Spielzeit war schon beendet. Nachgespielt wurde nur fünf Minuten, was angesichts der langen Verletzungspause und der Unterbrechung wegen der Knallerei etwas wenig erschien. Aber wer in 90 Minuten trotz überlegenheit das Tor nicht trifft, darf sich hier wohl nicht beschweren.

Das Spiel endete mit einem enttäuschenden 0:0. Natürlich ist hiermit nicht alles verloren, denn Volyn‘ ist keine Übermannschaft, und es gibt keinen Grund, warum man in Luts’k nicht gewinnen können sollte. Dennoch haben die Gäste sich heute einen Vorteil für das Rückspiel erarbeitet (und den Punkt in Lviv auch sicher verdient).

Karpaty haben ein Problem vor dem gegnerischen Tor. Das wurde, solange Marian Shved noch da war, im Grunde erfolgreich kaschiert, jetzt ist es überdeutlich. Der einzige, der heute einige Torgefahr ausstrahlte, war Myakushko aus dem Mittelfeld heraus. Ponde hatte keinen guten Tag und verfehlte das Tor das eine um das andere Mal, Di Franco ist kein wirklicher Stürmer (Mendez machte auf dieser Position nach seiner Einwechselung eine weit bessere Figur) und eigentlich besser im zentralen Mittelfeld aufgehoben, wo aber mit Klyots und Hongla zwei defensivstarke Spieler gesetzt sind, und Hutsulyak ist einfach kein Vollstrecker. Das wird sich bis zum Rückspiel natürlich nicht abstellen lassen, aber, egal ob in Liga 1 oder 2, hier wird die Baustelle sein, wo auf dem Transfermarkt agiert werden muss.

Lichtblicke gab es auch. Kuchynskyj war bärenstark und verhinderte mit einigen Glanzparaden eine Niederlage. Hongla war vor allem in der ersten Halbzeit sehr aktiv, verteilte die Bälle und schaltete sich sogar hin und wieder in Angriffe ein. Die Dreierreihe hinten hatte schwach angefangen, sich dann aber gesteigert. Vor allem Kovtun ist einer der Gewinner der letzten Wochen: einstmals als zu schwach für die Liga klassifiziert, zeigt er aktuell ein gutes Stellungsspiel, ist ballsicher und wirkte einige Male sogar torgefährlicher als die Stürmer.

In vier Tagen geht das Drama nun zuende. Es bleibt zu hoffen, dass Volyn‘ zu hause mehr unter Druck steht, das Spiel zu machen und sich dadurch Blößen gibt. Noch ist alles drin.