Volyn‘ – Karpaty: Spielbericht und Resultat

Heute spielten Karpaty das entscheidende Rückspiel um den Klassenerhalt in Luts’k bei Volyn‘. Das Hinspiel war 0:0 ausgegangen, insofern war klar, dass beide Mannschaften mindestens ein Tor erzielen mussten, wobei Karpaty ein nicht torloses Unentschieden reichen würde.

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Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

System und Aufstellung waren gegenüber dem Hinspiel wenig, aber offenbar durchdacht verändert. Gespielt wurde wieder 3:4:3 mit Kuchynskyj im Tor, der Dreierkette aus Fedetskyj, Kovtun und Mehremic, davor Di Franco, Klyots, Hongla und dem zurückgekehrten Miroshnichenko sowie im Sturm Myakushko, Ponde und Hutsulyak. Diese Aufstellung trug ganz offenbar der Tatsache Rechnung, dass Di Franco im Mittelfeld wertvoller war als als Rechtsaußen.

Auf der Bank saßen Torwart Penkov, Innenverteidiger Avramenko, die Wingbacks Slyva und Busko, Tolotschko für das zentrale Mittelfeld sowie Lyakh und Debelko für die Offensive. Mendez, der nach seiner Einwechselung eigentlich eine ordentliche Leistung gezeigt hatte, war nicht im Kader.

Das Spiel begann mit einer erstligareifen akustischen Kulisse durch die beiden Fanlager – aufgrund der kurzen Entfernung zwischen Lviv und Luts’k waren auch viele Karpaty-Fans angereist. Die erste Chance hatte Volyn‘, ein Eckball, der aber nichts einbrachte. Nach 5 Minuten hatten Karpaty ihren ersten Torschuss – Klyots aus der Distanz, der von Torwart Nedilko nur mit Mühe abgewehrt werden konnte. Der folgende Eckstoß brachte ebenso Gefahr, Kovtun verfehlte das Tor nur knapp. Nur wenig später kam Hutsulyak von der rechten Seite in den Strafraum, schoss aber zu schwach und unplatziert, so dass der Ball leicht abgewehrt werden konnte. Das war schon einmal ein temparamentvoller Anfang.

Im Grunde ähnelte das Spiel in dieser Phase sehr dem Hinspiel. Karpaty hatten Feldvorteile, Volyn‘ setzte auf massive Defensive und Konter. Beide Mannschaften warfen sich mit viel Leidenschaft in den Kampf. Leider zeigten auch Karpaty wieder die gleichen Defensivschwächen wie noch vor 4 Tagen in der ersten Halbzeit. Nach 24 Minuten war die Abwehr völlig desorientiert, als Volyn‘-Stürmer sich im Strafraum die Bälle zuschieben konnten und Voloshynovytsch freie Bahn hatte, es aber irgendwie schaffte, den Ball aus 6 Metern am Tor vorbei zu schießen.

Wenig später hatte Myakushko eine Chance mit einem seiner Distanzfreistöße. Er schoss flach durch die Mauer, aber verfehlte das Tor um Zentimeter. Karpaty hatten weiter Feldvorteile aber leisteten sich immer wieder vermeidbare Ballverluste, durch die Volyn‘ zu ihren Kontern kamen. Die Karpaty-Abwehr wirkte dabei extrem unsicher, als ob sie durch das Beinahe-Tor kurz vorher immer noch völlig durcheinander wären. Zum Glück leistete sich auch Volyn‘ in der gegnerischen Hälfte immer wieder Abspielfehler, so dass es bisher noch immer torlos stand.

Nach 35 Minuten gab es wieder eine Chance durch eine Standardsituation für Karpaty, ca. 18 Meter vor dem Tor. Dmytro Klyots lief an und setzte den Ball völlig unhaltbar über die Mauer hinweg ins rechte Dreieck – ein unglaublich schöner Treffer. Nun hatten Karpaty einen Vorteil, denn Volyn‘ musste jetzt aufgrund des Auswärtstores für Karpaty zweimal treffen, um die Partie noch zu gewinnen. Außerdem waren die Hausherren nun gezwungen, selber mehr aufzumachen, was natürlich wiederum potentiell Platz für Konter bedeuten konnte.

Karpaty hatten allerdings nicht viel Zeit, sich über diesen Vorteil zu freuen. Die Hausherren hatte ein ähnliches Powerplay aufgezogen wie zuvor die Gäste, und nach einer Flanke von links köpfte ausgerechnet Ex-Karpate Kozhanov völlig unbedrängt ein. Natürlich waren Karpaty bei diesem Spielstand immer noch „weiter“, aber angesichts dieser völlig verunsicherten Defensive war nun doch mit dem Schlimmsten zu rechnen. Es fiel aber bis zum Pausenpfiff kein Tor mehr. Erleichtert ging es in die Kabine.

Die zweite Hälfte begann, wie die erste aufgehört hatte: Volyn‘ offensiv, und die Karpaty-Abwehr arbeitete an ihrem Freischwimmer. Es sah aus, als ob es allein eine Frage der Zeit sein sollte, wann Volyn‘ den Treffer erzielte, der für die Mannschaft den Aufstieg bedeutet hätte. Nach 58 Minuten sah es so aus, als die Karpaty-Abwehr es wieder einmal nicht schaffte, den Ball aus dem Strafraum zu kriegen und nach einer Reihe geblockter Schüsse schließlich jemand völlig frei zum Schuss kam, aber offenbar selber davon so überrascht war, dass er weit über das Tor hinweg schoss. Es ging aber gleich ungebremst weiter. Karpaty waren nicht in der Lage, Entlastungsangriffe zu initiieren und ließen sich in ihrer eigenen Hälfte einschnüren. Einzig Hongla behielt einigermaßen die Ruhe und verlangsamte, wenn er am Ball war, das Spiel, um dann mit seinen Pässen für Gefahr zu sorgen – kein Wunder, dass er schon bei einigen „größeren“ Clubs auf der Einkaufsliste steht. Nur gab es derartige Entlastung einfach viel zu selten. Das Spiel war nichts für schwache Nerven.

Es waren 68 Minuten gespielt, da gönnte sich Bartulowytsch etwas, und das war ein Lattenkracher Sorte Wembley, völlig unhaltbar für Kuchynskyj, nur war er nicht im Tor. Im Gegenzug holte Siminin den nach vorn stürmenden Myakushko von den Beinen, der daraufhin verletzt liegen blieb. Der Schiedsrichter zeigte glatt rot – eine vollkommen vertretbare Entscheidung, da dies sowohl ein taktisches Foul war als auch absolut gesundheitsgefährden für den Gegner. Nun waren Karpaty zahlenmäßig im Vorteil, aber die Sorge blieb um den derzeit wohl torgefährlichsten Spielder der Mannschaft, von dem noch nicht so ganz klar war, ob er wirklich noch im Vollbesitz seiner Kräfte war, obwohl er wieder auf dem Platz zurück war.

Die nächste Chance hatte aber wieder Volyn‘ mit einem sehenswerten Weitschuss, der gerade noch von Kuchynskyj abgewehrt werden konnte. Gleich anschließend kam Busko für Di Franco. Am Spielverlauf änderten aber weder die rote Karte noch die Personaländerung etwas. Volyn‘ war brandgefährlich vor dem Karpaty-Tor, und die Abwehrreihe wirkte panisch und alles andere als souverän. Nach 76 Minuten hatten Karpaty ihre erste richtige Chance nach alldem – nach Ecke von Hongla sprang Hutsulyak am höchsten, köpfte aber leicht über das Tor hinweg.

Nach 80 Minuten gab es Elfmeter für Karpaty. Klyots hatte sich in den Strafraum gedribbelt und wurde dort zu Fall gebracht – es war deutlich, dass er genau auf eine solche Situation gewartet hatte, aber eine Berührung hatte auf jeden Fall vorgelegen. Ponde trat an und verwandelte sicher. Nun musste Volyn‘ zwei Tore schießen. Wir erinnern uns an das Heimspiel gegen Olimpik vor einigen Wochen, wo in den letzten 10 Minuten noch eine 3:1-Führung vergeben worden war, es gab also wirklich keinen Grund, sich entspannt zurückzulehnen, und nach Entspannung sah das, was die Dreierkette hinten mehr schlecht als recht abwehrte, auch wirklich nicht aus.

Cristian Ponde hatte nun seine Schuldigkeit getan, und für ihn kam Debelko, der durch sein etwas höheres Tempo eher für ein Kontertor gut ist und auf Kosten der Technik der physich stärkere Spieler ist. Zu einer Verlängerung konnte es ja auch ohnehin nicht mehr kommen. Noch 5 Minuten plus – vermutlich eher lange – Nachspielzeit.

Immerhin wirkten Karpaty nun etwas sicherer. Es gab einige ohne leichte Ballverluste zuende gespielte Gegenstöße, die für Entlastung sorgten. Nach 88 Minuten musste das Spiel unterbrochen werden, da Volyn‘-Fans ihrer Frustration freien Lauf ließen und ein dichter, durch Feuerwerkskörper verursachter Nebel sich auf dem Platz ausbreitete. Ein Ende des Spiels war also noch nicht abzusehen.

Der Spielfluss war, als es schließlich weiter ging, verloren. Es gab immer wieder Unterbrechungen, die Fans warfen weitere Feuerwerkskörper, und Volyn‘ schaffte es nicht mehr, sein über weite Strecken so furchterregendes Angriffsspiel aufzuziehen. Es kam für die Gastgeber sogar noch schlimmer. In der 6. Minute der Nachspielzeit zog Mykushko in den Strafraum, flankte auf Debelko, der strafstoßreif gefoult wurde, der Ball lief aber weiter, Miroshnichenko auf den Fuß, der zum 1:3 traf – der Schiedsrichter hatte völlig zu recht den Vorteil gelten lassen.

Nun brachen alle Dämme. Ein Volyn‘-Fan stürmte auf das Feld und warf mit einem Stuhl nach dem Schiedsrichter oder einem Karpaty-Spieler (das war nicht so recht klar), und Sicherheitskräfte hatten alle Hände voll zu tun, um wieder einigermaßen für Ordnung zu sorgen. Es folgte eine weitere Unterbrechung, und über 10 Minuten lang standen die Spieler auf dem Platz und wussten nicht, wie es nun weiter gehen würde. Am Ende wurde das Spiel nicht mehr angepfiffen. Es fehlten ohnehin nur noch Sekunden, und bei diesem Spielstand waren sich wohl die Verantwortlichen beider Mannschaften und der Schiedsrichter einig, dass sich hier am Resultat nichts mehr ändern würde.

Karpaty haben es also geschafft. Verdient? Vielleicht. Das Spiel war aufregend und nichts für schwache Nerven gewesen, ein echtes Derby. Die Spannung verdankten wir aber weniger begeisternden Spielzüge und Toren, sondern vielmehr den eklatanten Schwächen beider Mannschaften – Karpaty ließen sich hinten einfach schwindelig spielen, aber Volyn‘ hatte im Grunde die gleiche Abschlussschwäche wie die Gäste, nur hatten jene mehr individuelle Qualität, vor allem im Mittelfeld: Klyots sorgte mit seinem Freistoßtor für den wohl vorentscheidenden Vorteil, und Hongla, der nach solchen Leistungen wohl nächste Saison woanders spielen wird, war, wenn er am Ball war, einfach großartig.

Für Karpaty geht eine Katastrophensaison glimpflich zuende, aber die Arbeit geht jetzt erst richtig los: Wichtige Leistungsträger verlassen den Verein, ohne dass er mit Ablösesummen rechnen kann: Miroshnichenko verlängert seinen auslaufenden Vertrag nicht, ein Verbleib von Myakushko steht in den Sternen, Mehremic geht, Fedetskyj dürfte wohl entweder seine Karriere beenden oder den Verein wechseln. Hongla, für den eine Kaufoption besteht, wird wohl ge- und gleich wieder verkauft, wodurch wenigstens etwas Geld in die Kasse käme. Nur wie es dann sportlich weiter geht, vermag aktuell niemand so recht beantworten: der Trainer ist eine Interimslösung, wer danach kommt oder ob er bleibt, weiß man nicht. Die Defensive ist eine Katastrophe, und vorn fehlt fehlt eklatant Abschlussstärke und auch ein technisch starker und physisch präsenter zentraler Angreifer.

Traditionell rücken ja immer einige Spieler aus dem Nachwuchs nach – Avramenko und Lyakh waren ja beide schon häufiger mal auf der Bank, mit denen dürfte zu rechnen sein. Aber die vergangene Saison hat mehr als deutlich gezeigt, dass es ohne einige „fertige“ einfach nicht geht.

Wir können uns nun ein wenig entspannen und der Transfernachrichten, Gerüchte und Skandale harren, die uns in den nächsgten Wochen aus Lviv erwarten.

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