Derby! Karpaty – FK Lviv: 0:0

Nach vier Niederlagen in Folge war das heutige Derby gegen den FK Lviv quasi ein Sechspunkter. Eine Niederlage gegen den Lokalrivalen dürfte das Ende des noch gar nicht so langen Wirkens von Trainer Sanzhar bedeuten. Zwar standen die Grünweißen mit einem Punkt Abstand zwei Positionen vor FK in der Tabelle, allerdings standen in den nächsten zwei Spielen die zu erwartenden Niederlagen bei Dynamo und dann zu hause gegen Shakhtar an, weswegen man dringend ein wenig Abstand vom Tabellenende herstellen musste.

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Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Die Aufstellung enthielt wieder einige Überraschungen. Gespielt wurde 4:2:3:1 mit Kudryk im Tor, davor Martins, der wiedergenesene Vakulenko, Hall und Dubinchak, Nasaryna und Verbnyj als Doppel-sechs, davor der ebenfalls wiedergenesene Hutsulyak, Klyots und Kosak und als Spitze Jennings. Tatsächlich stand also trotz seiner folgenreichen Fehler vor zwei Wochen wieder Kudryk im Tor, Mittelfeldspieler Kosak ungewohnt offensiv und der kleine und schnelle Jennings statt des großen und kopfballstarken Boiciuc in der Sturmspitze.

Auf der Bank saßen Torwart Pidkivka, Innenverteidiger Veremiyenko, Mittelfeldspieler Yakimets‘, Di Franco, der überraschend nicht in der Startformation stand und Vojkovic und für die Offensive Boiciuc und Lyakh. Ponde war offensichtlich nach Blessur nicht rechtzeitig fit geworden. Weiterhin fällt Innenverteidiger Kutscher noch für länger verletzt aus. Ebenfalls nicht im Kader stand Neuzugang Lorenzen, der offenbar ebenfalls nicht rechtzeitig für das Spiel fit geworden war.

Das Spiel begann, wie zu erwarten war, mit kontrollierter Offensive der Grünweißen. Der Gegner hatte in den bisherigen Spielen dieser Saison eher ein Spiel mit Defensiv-Beton und Kontern kultiviert, also musste ein guter Kompromiss zwischen wirkungsvollem Angriffsspiel und einer Absicherung gegen Konter gefunden werden.

Nach 6 Minuten gab es Elfmeter für Karpaty. Nach einem Eckball war der Ball Sabino an den Arm gesprungen, und der Pfiff war völlig folgerichtig. Hutsulyak trat in Abwesenheit von Ponde an – und verschoss. Leider ist seine Quote bei Elfmetern alles andere als gut, und auch dieser Schuss war schwach geschossen. Das war nun schon der zweite vergebene Elfmeter in drei Spielen, und vor drei Wochen hatte das resultative Folgen gehabt.

Es ging mit dominantem Spiel der Hausherren weiter, bis nach 18 Minuten die eigenen Fans meinten, etwas für den Unterhaltungswert des Spiels tun zu müssen und gleich eine größere Menge Feuerwerkskörper zündeten. Nach einer kurzen Pause ging es aber weiter.

Nach 26 Minuten hätte es eigentlich einen weiteren Handelfmeter für Karpaty geben können, allerdings war der gegnerische Spieler aus sehr kurzer Distanz angeschossen worden, was offenbar den Schiedsrichter von einem weiteren Elfmeterpfiff abhielt. Fragwürdig blieb diese Entscheidung aber dennoch, da der Arm tatsächlich die Fläche des Spielers vergrößert und dadurch eine Torchance verhindert worden war.

Die Gäste kamen in dieser Spielphase kaum überhaupt vor das gegnerische Tor. Oft konnten die Karpaty-Angriffe nur durch unfaire Aktionen gestoppt werden, was sich in vier gelben Karten in den ersten 35 Minuten manifestierte. Den Vogel schoss aber nach 43 Minuten Nasar Verbnyj ab, der in einem Zweikampf Pryjmak brutal ins Fußgelenk trat und völlig verdient mit glatt rot vom Platz ging.

So endete eine wiederum sehr unbefriedigende erste Hälfte – erst die Chance auf Führung durch den Elfmeter vergeben, dann auch noch in Unterzahl geraten. Da machte sich Frust breit.

Die zweite Hälfte begann wenig überraschend mit einem Wechsel: Di Franco kam für Kosak, von dem in der ersten Hälfte wenig zu sehen gewesen war. So wie es zunächst aussah, wurde aber die Position von Verbnyj nicht neu besetzt, es ging also in einer Art 4:1:3:1 weiter.

Das Spiel war nun etwas ausgeglichener, und die Gäste trauten sich etwas häufiger nach vorn, die erste große Chance hatten aber wiederum Karpaty mit einem schönen Kopfball von Nasaryna nach einem Distanzfreistoß, den Sarnavskyj nur mit letzter Mühe über das Tor lenken konnte.

FK sammelte derweil weiter Verwarnungen, nach 60 Minuten waren es schon 5 gegenüber je einer gelben und roten Karte bei Karpaty. Man konnte sich insofern ein wenig Hoffnung machen, dass auch der Gegner das Spiel nicht mit 11 Mann auf dem Platz beenden würde. Trotz der Tatsache, dass Karpaty in der Tabelle einen Punkt mehr hatten, war doch der Druck zu gewinnen hier deutlich größer – der Gegner ging die Sache nach wie vor eher ruhig an und hatte auch kein Problem mit längeren Spielunterbrechungen.

Nach 73 Minuten gab es Foulelfmeter für FK. Das Ganze sah eigentlich wie eine Schwalbe aus – Vakulenko hatte bei einem Eckball fast an der Grundlinie ein wenig den Arm ausgefahren, und sein Gegenspieler ließ sich theatralisch fallen. Aber – ausgleichende Gerechtigkeit – auch dieser Strafstoß konnte nicht verwandelt werden, Kudryk ahnte die Ecke und wehrte ab.Fünf Minuten später war dann auch nach Platzverweisen ausgeglichen. Sabino sah nach einem groben Foul gegen Hutsulyak ebenfalls glatt rot.

Karpaty waren jetzt natürlich wieder ein wenig optimistischer. Für Hutsulyak kam Boiciuc, natürlich mit der Hoffnung, nun vorn den Durchbruch zu erreichen. Zu diesem Zeitpunkt war das Spiel immerhin schon einigermaßen bunt gewesen – 8 gelbe, 2 rote Karten, wobei FK mit 6 gelben Karten hier „führte“. Ansonsten wirkte das Spiel zu diesem Zeitpunkt völlig ausgeglichen.

Nach 88 Minuten ging Dubinchak, der im Spiel einiges hatte einstecken müssen vom Platz. Für ihn kam der junge Lyakh zu seinem ersten Einsatz bei einem Pflichtspiel in der ersten Mannschaft. Das war ein Wechsel offensives Mittelfeld für Außenverteidiger, die Marschrichtung war also klar, aber natürlich war nur noch sehr wenig Zeit zu spielen.

Es blieb beim torlosen Unentschieden, mit dem die Gäste wohl eher leben konnten als die Hausherren. Wie es nun für Trainer Sanzhar weiter geht, werden wir wohl in den nächsten Stunden erfahren. Tatsächlich sorgt dieses Resultat für eine ausgesprochen schlechte Ausgangslage vor den beiden erwarteten Niederlagen gegen den Vizemeister und den Meister in den kommenden zwei Wochen, so dass sich die Mannschaft danach durchaus ganz unten wiederfinden könnte.

Eine Erkenntnis dieses Spieles ist auch, dass beide Mannschaften völlig verdient in der unteren Hälfte der Tabelle stehen. Während Karpaty spielerisch auch heute gar nicht schlecht aussahen, konnten sie aus ihren gar nicht so wenigen Chancen kein Tor machen. FK tat zu wenig für das Spiel und empfahl sich ebenfalls nicht für Höheres.

Das Experiment des Trainers, Kosak auf Linksaußen zu setzen und mit Di Franco einen der Führungsspieler auf der Bank zu lassen, ging nicht auf, hatte aber auch keine negativen Folgen und wurde konsequenterweise zur zweiten Hälfte korrigiert. Di Franco ist mit seinem Arbeitspensum, mit den Freistößen, die er holt und auch durch seine Emotionen und Siegeswillen für die Mannschaft ungemein wichtig.

Mit Hutsulyak war ein weiterer Führungsspieler wieder da. Leider zeigte sich bei ihm erneut, dass er zwar massenweise Talent hat, ihm aber in spielentscheidenden Situationen viel zu oft die Nerven versagen. Das hatte spielentscheidende Folgen, als er seinen Elfmeter vergab (Insider berichten, dass er im Training so ziemlich aus allen Positionen trifft, nur sieht man davon in Punktspielen überhaupt nichts).

Jennings als zentralen Stürmer war einen Versuch wert, aber durch sein Tempo und seine Dribbelstärke scheint er doch besser auf der Flanke aufgehoben, und Boiciuc hat gerade nach Standards einfach mehr Wucht im Sturmzentrum.

Verbnyj stellte heute wieder unter Beweis, warum er so ein wenig ein Problemkind der Mannschaft ist: physisch stark, ein guter Sechser – aber immer wieder mit Aussetzern, die fatale Folgen haben können. Das Foul, das zu seinem Platzverweis führte, war brutal und zudem unnötig – weder war die Situation besonders gefährlich, noch lag die Mannschaft zurück, was so ein heftiges Einsteigen hätte erklären (wenn auch nicht entschuldigen) können.

Schließlich hatte noch Kudryk Gelegenheit, seinen spielentscheidenden Fehler aus dem Spiel bei Oleksandriya wieder gutzumachen. Seine Rettungstat beim Elfmeter für FK war sehenswert. Ansonsten hatte er nicht viel zu halten, so dass die Frage natürlich weiter im Raum steht, ob er wirklich die bessere Option ist als Pidkivka – nicht zuletzt, weil er ohne Kaufoption geliehen ist und nach Saisonende voraussichtlich ohnehin zu seinem Stammverein zurückkehren wird.

Trotz des ersten Punkt in fünf Spielen sind die dunklen Wolken noch lange nicht abgezogen. Es ist abzuwarten, ob Sanzhar die Chance erhält, die Mannschaft bis zur Winterpause weiter zu führen, wo er natürlich die Gelegenheit hätte, für längere Zeit mit den Spielern zu arbeiten und vielleicht sogar noch auf personelle Verstärkungen hoffen könnte.