Heute spielten Karpaty ihr letztes Heimspiel vor der Winterpause, es ging gegen Desna, das aktuell mit Dynamo, Zoriya und Oleksandriya um einen der Plätze 2-4 konkurriert. Karpaty haben letzte Woche wie erwartet bei Zoriya verloren, wobei immerhin eine Leistungssteigerung gegenüber der Heimniederlage gegen Olimpik eine Woche zuvor zu verzeichnen war. Heute war der erste Tag seit einiger Zeit, wo Karpaty auf den letzten Tabellenplatz, der den Abstieg bedeutet, abrutschen könnte – sie stehen punktegleich mit Vorskla und FK Lviv ganz unten.

Gespielt wurde in einem 3:4:2:1 mit Kudryk im Tor, Veremiyenko, Kutscher und Hall in der Innenverteidigung, davor Martins, Nasaryna, Klyots und Dubinchak, dann Hutsulyak und Di Franco und Boiciuc als Sturmspitze.
Auf der Bank saßen Torwart Artym, Mittelfeldspieler Vojkovic, Kosak, Lyakh und Yakimets sowie Stürmer Layous. Pidkivka stand (möglicherweise noch verletzt) nicht im Kader, ebenso verletzt Vakulenko, der im Abwehrzentrum üblicherweise ansonsten gesetzt ist.
Das Spiel begann mit einer frühen Führung für Desna, und das wieder, wie auch schon letzte Woche, nach einem Eckball. Es hatte vor dem Tor einiges Gedränge gegeben, woraufhin der Ball zunächst an Freund und Feind vorbeiflog und dem rechts vom Tor stehenden Imerekov auf dem Fuß landete, der dann aus spitzem Winkel einschoss. Das war natürlich – wieder einmal – ein Schlag in die Magengrube und machte die defensive Grundausrichtung der Mannschaft im Grunde schon von Beginn des Spieles an obsolet.
Es kam noch schlimmer. Nach 13 Minuten ertönte ein Pfiff, es gab eine gelbe Karte für Martins, der im Laufduell mit Kusyk jenem offensichtlich versehentlich in die Hacken getreten war. Es gab Elfmeter, den Filippov sicher verwandelte – 0:2 nach nicht einmal einer Viertelstunde, und ein richtiges Fußballspiel von Karpaty hatte überhaupt noch nicht stattgefunden.
Doch nun wurde es interessant. Direkt nach Wiederanpfiff wurde nun quasi im Gegenzug Martins im Strafraum gefoult, und es gab Elfmeter für Karpaty. Nasaryna verwandelte ebenso sicher, und wir hatten wieder ein Spiel. Es ging weiter und hatte einigen Unterhaltungswert. Desna wirkte in allem reifer und war auch vor dem gegnerischen Tor gefährlicher. Karpaty hielten mit Kampf dagegen. Dabei dauerte es allerdings bis zur 34. Minute für eine wirkliche Torchance – Klyots konnte aus kurzer Entfernung, aber sehr spitzem Winkel den Ball nicht im Tor unterbringen.
In diesen letzten Minuten vor dem Halbzeitpfiff gewannen die Hausherren langsam ein leichtes Übergewicht. Nach 42 Minuten forderten Spieler und Fans einen zweiten Elfmeter, nachem Martins bei einem seiner Flankenläufe wieder im Strafraum zu Boden gegangen war, es gab aber nur Eckball. Es ging mit einem zu dem Zeitpunkt leistungsgerechten 1:2 in die Pause.
Die zweite Hälfte begann mit einem Wechsel. Für Di Franco kam Lyakh, der ein gelernter Linksaußen ist und sicher für mehr Durchschlagskraft im Angriff sorgen sollte. Die erste Chance nach Wiederanpfiff hatte allerdings Philippov, der völlig allein auf Torwart Kudryk zulief, der es aber irgendwie schaffte, jenem beim Versuch, ihn zu umspielen, den Ball vom Fuß zu nehmen. Eine Großtat der Leihgabe von Shakhtar, der wohl leider nach Saisonende zu seinem Stammverein zurückkehren dürfte.
Aber es dauerte nur wenige Minuten, dass Desna doch noch seine Führung erhöhen konnte – die Karpaty-Verteidiger schafften es einfach nicht, den Ball aus ihrem Strafraum zu kriegen, und ein zurückprallender Ball landete Kalitvintsev auf dem Fuß, der aus etwa 14 Metern flach rechts einschoss.
Es kam noch schlimmer. Kudryk, der über das ganze Spiel bisher schlimmeres verhindert hatte, foulte außerhalb des Strafraums den allein auf das Tor zustürmenden Khliobas und sah regelkonform die rote Karte. So kam U21-Torwart Artym zu seinem zweiten Einsatz für die erste Mannschaft, und die Aufgabe, vor der seine Mannschaft nun stand, wurde noch unüberwindbarer. Das Ganze wird noch dadurch weiterreichende Folgen haben, dass Kudryk nach seinem Platzverweis in Mariupol noch zwei auf Bewährung ausgesetzte Spiele Sperre auf dem Kerbholz hatte. Er dürfte dem Team also dieses Mal für länger fehlen.
Für Artym ging Kucher vom Platz, wodurch das System von drei auf zwei Innenverteidiger umgestellt wurde. Man muss aber auch sagen, dass diese eigentlich defensive Ausrichtung dem Gegner mehr als genug Gelegenheit zum Kontern gegeben hatte, also war sie im Grunde auch wertlos. Der folgende Freistoß ging in die Mauer, es ging also zunächst mit zwei Toren Rückstand weiter.
Aber es war noch nicht zuende. Nach ein wenig belanglosem Gekicke, erzielte Boiciuc sein erstes „richtiges“ Tor für seine Mannschaft (sein erstes hatte er ja erzielt, indem er gegen Dynamo einen Abwehrspieler im Fünfmeterraum angeschossen hatte, von dem der Ball ins Tor prallte). Nach Kopfballvorlage von Martins gönnte er sich einfach mal einen Fallrückzieher, erwischte den Ball perfekt und haute ihn einem Klaus Fischer gleich unhaltbar ins Tor. Ein großartiger Treffer.
Nun war es nur noch ein Tor Rückstand, aber Desna griff unmittelbar an und brachte die Abwehr erneut in erhebliche Verlegenheit. Nach 77 Minuten war das Spiel dann aber doch entschieden. Khilobas erschien erneut allein vor dem Tor, umkurvte Artym und verwandelte sicher. Nun brachen alle Dämme. Kalitvintsev nutzte eine weitere Konterchance zum 2:5. Nach 87 Minuten stand es sogar 2:6 durch Filippov – erneut eine 1:1-Situation nach missglücktem Abspiel im Mittelfeld. Bei dem Stand blieb es am Ende.
Karpaty haben wieder im Fußball verloren, und dieses Mal war es eine absolute Klatsche. Der Sieg für Desna geht absolut in Ordnung, sie waren in fast allen Belangen überlegen. Dass er am Ende so hoch ausfiel, hat sicher auch mit der roten Karte für Kudryk zu tun, aber auch damit, dass zu einem Zeitpunkt, wo eigentlich nichts mehr zu gewinnen war, weiter mit entblößter Abwehr gestürmt wurde.
Schlimmer wurde es noch dadurch, dass FK Lviv überraschend in Mariupol einen Punkt geholt hat. Karpaty stehen nun punktgleich, nur mit besserem Torverhältnis (das sich aber mit dem Resultat heute weiter verschlechtert hat) vor Vorskla auf dem vorletzten Platz. Gegen genau diesen Gegner geht es nächste Woche, und die Mannschaft wird ohne Kudryk, der bis zu seinem Platzverweis ein guter Rückhalt war, antreten müssen.
Es ist schwierig, nach so einem Resultat Positives zu entdecken. Kudryk gehört dazu, wobei man ihm sicher vorwerfen kann, dass er vielleicht lieber ein Gegentor hätte zulassen als eine rote Karte und damit eine vermutlich längere Sperre zu kassieren. Falls Pidkivka beizeiten wieder fit ist (sofern er überhaupt wegen Verletzung fehlt, er ist ja nach seiner katastrophalen Leistung gegen Shakhtar nicht mehr im Kader aufgetaucht), wird er möglicherweise Gelegenheit bekommen, seine Schulden zurückzuzahlen.
Ansonsten spielte Martins stark, nicht zuletzt, durch den herausgeholten Strafstoß und die Vorlage zum zwischenzeitlichen Anschlusstreffer. Schließlich zeigte Boiciuc, dass er den Ball beherrscht und ein gefährlicher Angreifer sein kann – wenn er nur entsprechend von seinen Mitspielern in Szene gesetzt wird. Nur liegt genau da das Problem bei der Mannschaft: es fehlt an einem Spielaufbau nach vorn, durch den ein Stürmer wie Boiciuc adäquat „gefüttert“ wird.
Nächste Woche wird es dann also um den letzten Platz gehen. Nach Ende der ersten Phase der Liga wird die Mannschaft dann in der Abstiegsrunde gegen lauter Mitkonkurrenten spielen. Sie wird es also selber in der Hand haben, den Klassenerhalt zu schaffen. Nur fragt man sich mehr und mehr, wie das gehen soll.