Sergio Navarro: Ich habe mich in diesen Club verliebt

Der Spanier Sergio Navarro war 2017 der erste Karpaty-Trainer der „Los Karpatos“ Ära. In seiner kurzen Amtszeit, die nur etwa zweieinhalb Monate währte, scheiterte er wohl vor allem daran, einer neu zusammengestellten Mannschaft in kürzester Zeit eine neue, „spanische“ Spielkultur beizubringen, was damals zu einer Serie von teilweise krachenden Niederlagen geführt hatte. Aktuell arbeitet Navarro als Assistent beim spanischen LaLiga-Club UD Levante. In einem Interview blickt Navarro auf seine Zeit in Lviv zurück.

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Sergio Navarro, Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Verfolgen Sie den ukrainischen Fußball im Allgemeinen und Karpaty im Besonderen?

Natürlich. Ich beobachte, wie es Karpaty ergeht. Ich habe dieses Team ins Herz geschlossen. Ich verfolge seine Neuigkeiten, Ergebnisse in der ukrainischen Meisterschaft und überhaupt alle Nachrichten in der spanischen Presse über den ukrainischen Fußball.

Die Erfahrung bei Karpaty war für Sie die erste als Cheftrainer. Wie bereit waren Sie für eine solche Herausforderung?

In der Tat war dies meine erste Erfahrung mit selbständiger Arbeit und eine Art Kraftprobe. Meine Assistenten und ich wussten, dass es für uns extrem schwierig werden würde – wir hatten nicht viel Zeit, mussten aber schnell Ergebnisse liefern. Deshalb standen wir alle sofort unter Druck. Wir mussten eine Menge Arbeit in kurzer Zeit bewältigen, um das Teamsystem zu ändern und Ergebnisse zu erzielen.

Wir hatten unseren Plan, wie wir den Erfolg erreichen wollten: Aufbau systematischer Arbeit bei Karpaty. Aber wir hatten nicht viel Zeit, und im Fußball ist es nicht leicht, in kurzer Zeit etwas Seriöses aufzubauen.

Obwohl wir am Ende nicht die notwendigen Resultate erzielt haben, glaube ich, dass meine Mannschaft in Lemberg viel für die weitere Entwicklung des Vereins tun konnte. Wir haben zu 100 Prozent ehrlich für unsere Sache gearbeitet.

Nach meinem Abschied von Karpaty sah ich mir alle Spiele der Mannschaft während meiner Zeit dort an. Wenn wir mehr Zeit gehabt und weiter gearbeitet hätten, hätten wir mehr erreicht. Die Spieler hatten bereits begonnen, sich zu entwickeln, zu verstehen, was von ihnen verlangt wurde. Es wäre Geduld notwendig gewesen, um Fehler zu überwinden.

Was würden Sie an Ihrer Arbeit in den Karpaten ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?

Ich würde nichts ändern. Wir alle, vom Präsidenten des Clubs und den Managern der untersten Ebene, haben alles in unserer Macht Stehende getan, im Club etwas zu bewegen und erfolgreich zu sein. Mein Trainerteam und ich haben den Grundstein gelegt, aber wir hatten einfach nicht genug Zeit. Ein gutes Team kann man nicht in ein paar Monaten aufbauen.

Ich bereue nichts. „Karpaty“ wurde für mich zu einer großartigen Erfahrung im Trainerjob. Ich habe mich in diesen Club verliebt und alles versucht, um ihn erfolgreicher und besser zu machen.

Welchen Eindruck hat der ukrainische Fußball auf Sie gemacht? Was sind ihre Stärken und Schwächen?

Tatsächlich wusste ich nichts über den ukrainischen Fußball. Ich wusste von den Mannschaften, die bei Europapokalen spielen, und den großartigen ukrainischen Fußballern. Das war nicht so viel.

Was ich sah, machte einen positiven Eindruck. Die Spieler sind engagiert, sie haben Willensstärke, Erfolgshunger, den Wunsch, ihre Karriere zu entwickeln und sind sehr fleißig.

Ich habe für mich entdeckt, dass die Ukraine ein Fußballland ist. Trotz aller Schwierigkeiten gingen Karpaty-Fans zu allen Auswärtsspielen der Mannschaft und unterstützten sie leidenschaftlich bei Heimspielen. Es ist unmöglich, so etwas nicht zu lieben.

Die natürlichen Qualitäten der Ukrainer müssen mit der Fußball-Ausbildung verbunden, dem Kinder- und Jugendfußball mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dann hat die Ukraine jede Chance, im Fußball noch mehr zu erreichen.

Welche Eindrücke hat die Ukraine im Allgemeinen auf Sie gemacht?

Bevor ich zu Karpaty ging, hatte ich noch nicht viel über die Ukraine gewusst. Lviv hat mir sehr gut gefallen, eine echte europäische Stadt. Schade, dass wir es nicht geschafft haben, die Erwartungen der Fans zu erfüllen und uns bei ihnen durch gute Ergebnisse zu bedanken. Die Leute sind sehr offen und kontaktfreudig.

Fran Sol hätte 2017 Karpaty-Spieler werden können. Sie kennen ihn aus der Zusammenarbeit bei Villarreal. Wie stark ist dieser Stürmer und wird er sich bei Dynamo durchsetzen können?

Tatsächlich gab es während meiner Arbeit bei Karpaty eine Gelegenheit, Fran Sol zu verpflichten. Aber bei der finanziellen Seite lag die Entscheidung für eine solche Verpflichtung nicht bei uns.

Als ich als Jugendtrainer bei Villarreal arbeitete, spielte Fran Sol dort für die zweite Mannschaft, weshalb ich diesen Spieler sehr gut kenne. Ich kann nur Gutes über ihn sagen. Ich bin nicht überrascht, dass er in den Niederlanden Erfolg hatte und dann zu einem so großen Verein wie Dynamo wechselte.

Fran Sol ist ein großartiger Profi. Er war immer bestrebt, sich zu verbessern und mehr zu erreichen. Wenn etwas für ihn nicht funktionierte, arbeitete er selbständig und suchte nach Möglichkeiten, um sich zu verbessern.

Sols Probleme hatten ihre Ursache darin, dass er aus einem anderen Fußball stammt, aus einem anderen kulturellen Hintergrund. Egal wie professionell und stark er als Stürmer ist, er braucht Zeit, um sich anzupassen. Darüber hinaus kam seine Schulterverletzung sehr ungelegen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Fran Sol sich Dynamo öffnen und davon profitieren wird.

Roman Zozulya, Vasyl Kravets, Serhij Myakushko und Andrij Lunin spielen derzeit in Clubs der zweiten spanischen Liga. Wie stark ist diese Liga und kann man sich dort entwickeln?

Die Segudna ist technisch sehr stark, die Spieler arbeiten gut mit dem Ball. Im Allgemeinen ist das Niveau des Fußballs dort ziemlich hoch. Das kann man gut daran sehen, dass es in dieser Liga äußerst schwierig ist, den Favoriten zu benennen, da es dort viele interessante und originelle Teams gibt. Jeder kann für eine Überraschung sorgen. Gleichzeitig stehen die Vereine finanziell auf sicheren Beinen. Nicht umsonst können Spieler aus der Segunda in die führenden Ligen Europas aufsteigen oder in der LaLiga spielen.

Für ukrainische Spieler ist das eine gute Möglichkeit, sich zu zeigen. Neben der Qualität des Fußballs können Sie sich auch Hoffnung machen, es in eine stärkere Liga oder Verein zu schaffen.

Welche Eigenschaften und Tugenden braucht ein Spieler, um im spanischen Fußball erfolgreich zu sein und in der LaLiga zu spielen?

Auf dem Platz schnell denken und schnelle Entscheidungen treffen. Wenn ein Spieler dabei keinen Fehler macht, kann er auf dem Niveau der LaLiga spielen. Vergessen Sie dabei nicht das technische und körperliche Training. Ohne das ist Erfolg im modernen Fußball schwer zu erreichen.

Andrij Lunin hat bisher noch nicht in der LaLiga gespielt. Wie sind seine Aussichten im spanischen Fußball und kann er es schaffen, für Real Madrid zu spielen?

Lunin hat ein großes Potenzial. Es wird alles davon abhängen, ob sie ihm die Möglichkeit geben, sich zu zeigen. Er arbeitet viel an sich, hat sich schnell dem spanischen Fußball und Alltag angepasst und die Sprache gelernt. Er muss einfach auf seine Chance warten und weiter an sich arbeiten.

Das Interview führte Serhij Tyshchenko für Gazeta.ua, leicht gekürzte Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.