Roman Sanzhar im Interview

Roman Sanzhar kam Anfang September 2019 zu Karpaty und ersetzte Oleksandr Chyzhevskyjj, der am Ende der Vorsaison in zwei Playoffs gegen Volyn Lutsk knapp  den Klassenerhalt geschafft und mit einer stark veränderten Mannschaft einen überraschend guten Saisonstart hingelegt hatte. Entsprechend groß war auch der Druck auf dem neuen Mann an der Seitenlinie, dem eine sehr harte Saison bevorstand, geprägt von finanziellen Problemen des Vereins, dem Abgang weiterer Leistungsträger, ausbleibendem sportlichen Erfolg und schließlich der seine Mannschaft besonders hart treffenden COVID-19-Pandemie. In unserem ausführlichen Interview hat Roman uns ausführlich Einblick in vieles gegeben, worüber in den letzten Monaten nicht selten spekuliert wurde.

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Roman Sanzhar, Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Wie geht es Ihnen in Lviv?

In Lviv herrscht Quarantäne. Im Allgemeinen ist alles in Ordnung, aber es war bisher nicht so richtig möglich, sich Lviv näher anzuschauen. Erst war es kalt, so dass man nicht aus dem Haus wollte, und jetzt, wo das Wetter gut ist, ist die ganze Zeit Quarantäne, und so können wir Lviv aktuell nur durch das Fenster betrachten.

Was sind Ihre Lieblingsorte in Lviv?

Die ersten sechs Monate lebte ich in Lviv nah am Zentrum. Immer, wenn sich die Gelegenheit ergab, ging ich einfach mal durch die Innenstadt und trank Kaffee in den Cafes. Aber ich habe keine besonderen Lieblingsorte. Im Prinzip war ich ja vorher schon in Lviv gewesen, gerade wenn man da lebt, gibt es eben die Möglichkeit, einfach durch die Stadt zu laufen, aber ich habe das bisher noch nicht geschafft – Spiele, Umzüge, Training und das Wetter sind nicht gerade hilfreich, und bisher habe ich es nicht geschafft, die interessanten Orte in Lviv, seinen Vororten, die Region zu besuchen.

Können Sie sich vorstellen, sich dauerhaft in Lviv niederzulassen?

Alles ist möglich. Niemand weiß, was morgen passieren wird. Bisher lebt meine Familie in Kyiv, das heißt, ich lebe hier allein. Was morgen passieren wird? Mal sehen, das Leben wird es zeigen. Alles ist möglich.

Die Entfernung zwischen Lviv und Kyiv ist beträchtlich, da schaffen Sie es nur selten, Ihre Familie zu sehen.

Ja, natürlich vermisse ich meine Familie. Immer, wenn ich Gelegenheit habe, mache ich mich sofort auf den Weg zu ihnen nach Kyiv.

Im Jahr 2017 begann die Ära „Los Karpatos“ bei Karpaty mit spanischsprachigen Spielern und spanischer Spielphilosophie. Viele in Lviv halten das für eine schlechte Idee. Sie waren ja zu der Zeit Trainer bei “Olimpik”. Wie war es für Sie, gegen Karpaty zu spielen? Welchen Eindruck hatten Sie damals von der Mannschaft?

Es war immer interessant, gegen Karpaty zu spielen. Bei Spielen in Lviv bedeutete das auf jeden Fall starke Unterstützung durch die lokalen Fans. Die Atmosphäre in Lviv ist immer sehr gut. Die Spiele zwischen Olimpik unter meiner Führung und Karpaty verliefen alle unterschiedlich. Mal gewannen wir, mal verloren wir.

Es war einfach so, dass es bei Karpaty sehr viele Veränderungen im Trainerstab gab: Zu jener Zeit gab es wirklich eine spanische Entwicklungsstrategie, das Team wurde von spanischen Trainern geführt, und dann wieder von unseren ukrainischen, aber aus irgendeinem Grund blieben die nicht lange.

Ich denke, das liegt daran, dass Karpaty einen sehr ehrgeizigen Präsidenten hatten, der wahrscheinlich emotional und ungeduldig war, und tatsächlich gelang es nach Kononov keinem Trainer mehr, Karpaty auf ein gutes Niveau zu bringen, nicht zuletzt auch wegen der dauernden Trainerwechsel. Ich denke, aus diesem Grund konnte das Potential bei Karpaty nicht verwirklicht werden.

Es war eine Änderung in der Philosophie?

Dies ist bei Trainerwechseln normal, da jeder seine eigene Philosophie hat. Obwohl der frühere Präsident des Vereins Petro Dyminskyj eine offensive Spielweise liebte und sehen wollte. Ich denke, dass das der Grund war, dass spanische Spezialisten eingeladen wurden. Aber auch denen wurde wieder zu wenig Zeit gegeben, so dass sie nichts aufbauen konnten.

Also änderte sich der Stil des Spiels, einige Anforderungen änderten sich, das Spiel des Teams änderte sich. Es gab auch andere Spieler, und von einigen Spielern hängt letztlich auch der Stil des Spiels ab. Deshalb gelang es den spanischen Trainern nicht, Karpaty auf ein gewisses Niveau zu bringen und das zu erreichen, was sie wollten.

Tatsächlich, früher waren Karpaty für ihren Charakter, ihren Kampfgeist, ihren Einsatz berühmt. Das waren Eigenschaften, für die schon immer bekannt waren. Die Spanier wollten ihren einen spanischen Stil vermitteln, und ich muss sagen, dass es bei Karpaty im Grunde gute Spieler gab, denen dieser Stil lag. Aber nochmal, aufgrund der häufigen Trainerwechsel konnte niemand seine Ideen wirklich umsetzen.

Als Sie Trainer bei Karpaty wurden, kamen Sie für Oleksandr Chyzhevskyj, der bei den Fans sehr beliebt war, und es ist kein Geheimnis, dass Sie damals nicht von allen willkommen geheißen wurden. Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?

Chyzhevskyj war für den Verein in einer wirklich sehr schwierigen Zeit verantwortlich. Unter seiner Führung hatte die Mannschaft den Klassenerhalt in der Premier League geschafft. In der nächsten Saison war er noch für mehrere Runden im Amt, bevor beschlossen wurde, ihn zu ersetzen.

Natürlich waren die Fans unzufrieden und ich denke das ist richtig – er ist aus Lviv, er hat Karpaty viel gegeben und es läuft darauf hinaus, dass sie ihn nicht gut behandelt haben.

Tatsächlich war ich da aber als Trainer in keiner Weise involviert. Als die Vertreter des Clubs mich anriefen und mir anboten, Karpaty zu übernehmen, wurde mir gesagt, dass Chyzhevskyj schon nicht mehr da sei, das bereits eine beschlossene Sache sei, der Präsident habe diese Entscheidung getroffen, das sei alles. Zu dieser Zeit war ich ohne Arbeit, Karpaty sind ein Verein mit Geschichte, und es war mir eine Ehre, dieses Team zu übernehmen. Also traf ich diese Entscheidung.

Aber es ist klar, dass es hier noch eine politische Komponente gibt – die Tatsache, dass wir aus Donezk kommen und der Präsident den Lvivianer entfernt hat. Natürlich hat das seine Spuren hinterlassen, und es war nicht einfach – sowohl für uns als auch die Fans, die ich in dieser Hinsicht auch verstanden habe.

Als ich nach Lviv kam, traf ich mich als erstes mit Chyzhevskyj und sprach mit ihm, erklärte ihm alles, denn die Medien behaupteten, ich sei bereits vorher nach Lviv gekommen, ich sei beim Verein und bei einigen Karpaty-Spielen gesehen worden, als Chyzhevskyj noch Trainer war. Nur war das alles Fiktion, das war nie passiert, ich war noch nie in einem Karpaty-Spiel gewesen, die hatten einfach angefangen, diese Dinge zu erzählen, aber tatsächlich war das alles nicht wahr.

Es tat mir sehr leid, deshalb ging ich also zu Chyzhevskyj, um ihm mitzuteilen, dass ich erst erfahren hatte, dass er entlassen werden würde, als der Sportdirektor Oleh Boychyshyn mich mit dem Vorschlag anrief, d.h., als die Entscheidung bereits vom Präsidenten getroffen worden war. Wir trafen uns, redeten, hatten ein normales Gespräch, seine Assistenten waren anwesend, Oleh Boychyshyn war anwesend – ich lud alle ein, damit alles offen und ehrlich war.

Danach hatte ich Treffen mit den Fans. Sie hatten mich zum Reden eingeladen, ich kam zu ihnen, wir hatten ein normales offenes Gespräch und es gab zu dem Thema keine weiteren Fragen. Aber am Anfang, als ich verleumdet wurde, ich hätte meinem Kollegen Unrecht getan, war es für mich schwer und unangenehm, das zu hören, weil es tatsächlich nicht stimmte. Es war mir wichtig, über diese Gerüchte zu sprechen und sie zu widerlegen.

Sie kamen in Lviv an, als das Transferfenster bereits geschlossen war. Gab es Spieler, die Sie gerne verpflichtet hätten, wenn es die Chance gegeben hätte? Welche Elemente fehlten Ihnen im Team?

Nachdem ich angefangen hatte, direkt mit der Mannschaft zu arbeiten, wir ein paar Spiele gespielt hatten und ich bei den Spielen viele Spieler kennengelernt hatte, verstand ich, dass ich viel in der Mannschaft ändern müsste, damit der Fußball, den ich für wirksam halte, funktioniert, aber bis zur Winterpause war noch viel Zeit.

Dann verlor die Mannschaft mehrere Spiele, begannen die Probleme mit dem Budget, es war eine Strafe verhängt worden, da wollten die Legionäre schon nicht spielen – immerhin hatte es solche Strafen schon im Vorjahr gegeben, und die Clubführung hatte versprochen, dass es keine weiteren mehr geben würde. Die Führungsspieler und die Legionäre waren sehr verärgert und richtig wütend.

Es muss erwähnt werden, dass schon vorher viele Spieler nicht mehr bei Karpaty sein und gehen wollten, und danach wurde die Atmosphäre im Team richtig schlecht. Viele Spieler verstanden, dass sie spielen mussten, dass es Fans gab, dass es einen Verein gab, aber die Atmosphäre innerhalb der Mannschaft hatte sich sehr verändert, und mir war klar, dass das erst in der Winterpause behoben werden könnte. Ich verhandelte mit einigen Spielern, die ich gern zu Karpaty holen wollte, aber es stellte sich heraus, dass das Team in der Winterpause einen dreimonatigen Gehaltsrückstand hatte, d.h., wir mussten jemanden verkaufen, damit das Team überhaupt weiter Gehalt erhielte.

Gott sei Dank konnten wir Di Franco verkaufen, so von Dnipro-1 für uns eine Zahlung fällig war. Als das Team wieder zusammen kam, ging es nicht zum Training: „Wir werden nicht trainieren, wenn es keine Gehälter gibt. Alle wollen weg.“ Ich verstand, dass ich die Jungs, mit denen ich verhandle, nicht würde einladen können, weil hier kein Geld bezahlt wurde und unklar war, wie es weiterginge.

Das Management gab die Devise aus, die Ausgaben so weit wie möglich zu senken und auf junge Spieler zu setzen. Verständlicherweise war, als wir zusammen kamen, die Frage offen, ob wir überhaupt ins Trainingslager würden gehen können, weil es einfach keine Mittel gab. Aber dadurch, dass Dnipro-1 Di Franco kaufte und uns etwas Geld überwies, konnten wir doch noch ins Trainingslager gehen. Aber die Jungs mit hohen Gehälter gingen alle. Wir reduzierten das Budget des Clubs auf die Hälfte oder sogar noch weniger, genau weiß ich es nicht, aber es wurde jedenfalls stark gekürzt, und wir gingen ins Trainingslager.

Aber die Spieler, die ich gern sehen wollte, konnte ich nicht einladen. Das waren so die Schwierigkeiten, die da auftraten. Vor allem unsere Ukrainer – wir hatten mit ihnen und den Legionären gesprochen – unterstützten uns, dass wir in jedem Fall noch die Hinrunde der Meisterschaft beenden und dann eine Entscheidung treffen müssten. Daher hatte die Mannschaft bereits zum Ende der Hinrunde sehr große Probleme.

Dann kamen immerhin Pasich und Tanchyk.

Ich habe bereits bei Olimpik mit Pasich und Tanchyk zusammengearbeitet. Ich kannte sie als Spieler und lud sie daher ein. Sie waren zu diesem Zeitpunkt ohne Mannschaft, hatten aber gerade Verletzungen hinter sich. Sie kannten die finanzielle Situation bei Karpaty, ihnen war es wichtig für sie, sich zu erholen, ihr Spiel zu zeigen – die Mannschaft war ja noch in der Premier Liha – sie kannten mich als Trainer und stimmten zu, zu uns zu kommen und damit der Mannschaft und sich selbst zu helfen. So kam es zu dem Projekt.

Andro Giorgadze, mit dem ich vorher noch nicht zusammengearbeitet hatte, kam ebenfalls, gemeinsame Bekannte empfahlen mich ihm, und er kam auch zu Karpaty, um Spielpraxis zu sammeln und der Mannschaft zu helfen, obwohl er von den finanziellen Schwierigkeiten wusste, die die Mannschaft durchmachte.

So kamen erfahrene Spieler. Ich verstand, dass sie vielleicht irgendwo nicht vorbereitet waren, aber wir hatten ein Trainingslager, und meine Aufgabe war es, sie vorzubereiten. Ich wusste, welche Spiele im Frühjahr stattfinden würden und dass erfahrene Spieler für die Mannschaft sehr wichtig waren.

Obwohl Petro Petrovich [Dyminskyj] und das gesamte Management sagten, dass wir junge Spieler spielen lassen sollten, war ich dagegen und bestand darauf, dass im Frühjahr nicht nur junge Spieler, sondern auch erfahrene Leute bräuchten. Ich habe es geschafft, diese Jungs zu verpflichten, weil ich den Club überzeugen konnte, und der Club kam mir entgegen.

Unter Ihrer Führung begann die Mannschaft, einen riskanteren, offensiveren Stil zu spielen. Das Spiel ist spektakulärer geworden, aber die Mannschaft hat immer noch große Probleme, Tore zu erzielen. Wo sehen Sie die Gründe dafür?

Es gibt nicht einen Grund, sondern tatsächlich viele: mal fehlte uns das Glück, mal fehlte uns in entscheidenden Momenten das Können. Wir erspielten Möglichkeiten, alles funktionierte bis zum Strafraum, aber die Qualität für den entscheidenden Schuss, des letzten Passes ließ zu wünschen übrig. An einer Stelle mangelte es an Geschicklichkeit, woanders einfach nur an elementarem Glück.

Und was im Verein passierte, hatte einen sehr starken Einfluss auf die psychologische Atmosphäre, und da unsere Mannschaft die jüngste von allen in der UPL ist, hatten diese Schwierigkeit eine starke Auswirkung auf unsere Spieler – Kritik von Fans, obwohl fair, aber die Mannschaft ist jung und das ist eben auch Druck – und all diese Dinge kamen zusammen: mal nicht genug Glück, mal nicht genug Geschick, mal waren die Jungs sehr nervös. Ich denke, all diese Faktoren haben Einfluss gehabt.

Nun sind Boychuk und Matar keine Starstürmer, aber beide wissen offensichtlich, wo das Tor steht. Warum kann das Team sie irgendwie nicht füttern, so dass sie ihre Stärken zeigen können?

Ja, natürlich setzen die Stürmer den Schlusspunkt, aber dafür, dass das passiert, arbeitet das gesamte Team. Im Training arbeiten wir viel am Abschluss, Schüssen, Zusammenspiel, wie man einen quantitativen Vorteil auf dem Feld schafft, wie man ihn umsetzt, wie man den Raum angreift und eben auch viel am Abschluss.

Aber wenn Sie sich Matar nehmen, kam er auch nach einer Verletzung zu uns und verbrachte nur eine Woche bei uns im Trainingslager. Nach seiner Rückkehr nach Lviv spielte er ein Spiel, erzielte ein Tor, zog sich aber wieder eine Verletzung zu, weil er noch nicht bereit war, auf unserem Platz zu spielen. In der Türkei gab es andere Plätze, und hier sind sie völlig anders, und er zog sich eine kleine Verletzung zu.

Das Gleiche stieß auch Volodya Tanchyk zu, so dass sie beide kurz nach ihrer Ankunft durch Verletzungen ausfielen: Belastung, Bodenveränderung, sie waren noch nicht richtig vorbereitet. Es war schwierig für Matar, sich selbst zu „zünden“, tatsächlich kam er nie in seine Form, obwohl er im ersten Spiel sofort getroffen hatte. Aber wenn unsere Stürmer keinen Erfolg haben, ist das ein Problem des gesamten Teams.

Warum nicht mehr hohe Flanken? Boiciuc ist ein hochgewachsener Mittelstürmer. Tanchyk war einer von wenigen, der es damit mal probiert hat.

Unser Stil ist mehr der Kombinationsfußball. Wir erarbeiten uns verschiedene Arten des Zusammenspiels im Angriffsspiel durch lange Pässe, nicht nur durch Kurzpässe. Der Stürmer muss den Ball zurückspielen oder ihn halten, Zweikämpfe mit den Verteidigern. Wir arbeiten im Trainingsprozess an all diesen Elementen.

Die Jungs versuchen im Spiel bereits zu kombinieren, und es sollte auch gesagt werden, dass Boiciuc trotz seiner Größe versucht, sich nicht nur physisch durchzusetzen, sondern einen technischen Fußball zu spielen – obwohl er dafür gute Voraussetzungen hat. Er muss sich noch entwickeln, er hat gute Möglichkeiten, aber er verwendet sie noch nicht richtig. Wir verlieren viele Zweikämpfe, vor allem in der Luft, obwohl wir Matar und Boiciuc als Stürmer haben. Statistisch gesehen liegen Karpaty in Bezug auf „Kopfball gegnerischen Strafraum“ an letzter Stelle der Liga.

Während der Zeit von „Los Karpatos“ musste die Mannschaft “spanischen” Elemente integrieren – Kurzpassspiel und das Erarbeiten von Chancen durch Kombination bis in den Strafraum. Wie viel ist Ihrer Meinung nach noch von dieser Zeit übrig? Wie beurteilen Sie diese Philosophie für das Karpaty-Team?

Diese Spieler sind weg, das Team hat sich komplett verändert. Die Legionäre sind durch Spieler aus der U21 ersetzt worden, und in dieser Zusammensetzung nähern wir uns dem Ende der Saison. Das heißt, wir hatten bereits vorher die jüngste Mannschaft der Liga, aber jetzt sind wir noch jünger geworden als wir letztes Jahr im Herbst waren. Zur Zeit ist die Situation schwierig, viele der Jungs sind krank geworden, aber wir werden mit dieser Mannschaft die Situation zu Ende spielen.

Ende letzten Jahres ließen Sie einige Male mit einer Dreierkette hinten spielen. Wodurch war das motiviert? Ist es Ihr eigener Wunsch oder Notwendigkeit?

Ich sah, dass der Fußball, den ich spielen lassen wollte, in der Meisterschaft nicht funktioniert. Ich habe junge Flankenspieler im Team, die mitspielen konnten, die man auch als Einwechselspieler bringen konnte, die aber auch zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht vollständig reif für die Premier-Liha waren. Rostyslav Lyakh und Kirylenko waren 19 Jahre alt, wir hatten einen Brasilianer Jennings, der gerade 20 geworden war. Nachdem Hutsulyak verletzt ausfiel, fehlten uns Flügelspieler, also suchte ich nach dem unter diesen Umständen besten Schema für das Team, um wettbewerbsfähig zu bleiben. So wie das Team besetzt war, hatten wir einfach keine Außenstürmer mit dem Niveau, das wir gebraucht hätten um zu gewinnen. Ich suchte da dann einfach nach Zusammensetzungen und Schemata, mit denen wir Aussicht auf ein paar Punkte hatten.

Wie beurteilen Sie das Niveau des Nachwuchses bei Karpaty? Warum sind so wenige Spieler bereit, auf hohem Niveau zu spielen?

Während der Saison waren Spieler wie Rostislav Lyakh, Ostap Prytula, Jaroslaw Deda, Kiryl Kirylenko und Oleh Veremiyenko alle Spieler der U21, heute spielen sie in der ersten Mannschaft. Dann ist da auch noch Oleksij Sytsch, den ich praktisch aus der U19 geholt habe. In dieser Phase der Saison sind die Nachwuchsspieler die Hauptakteure in der Mannschaft, d.h., sie machen in diesem Jahr einen wesentlichen Sprung nach vorn.

Der Nachteil ist natürlich, dass wir nicht die notwendigen Ergebnisse erreichen, aber das Plus ist, dass sich hier die Zukunft von Karpaty abzeichnet. Ich lasse die jungen Spielern spielen, die in naher Zukunft wahrscheinlich vollwertige Spieler sein und Karpaty zugute kommen werden. Deshalb sind bei mir in der Mannschaft viele junge Leute. Ich habe auch Roman Slyva integriert, wenn auch in geringerem Maße. Bei uns haben viele junge Spieler debütiert, etwa Oleksiy Khakhlyov, Vlad Dubinchak hatte vor Karpaty bei Arsenal Kyiv gespielt, ihm fehlte aber noch Erfahrung Erfahrung, Volodya Yakimets – alles junge Leute.

Wie sehr hat sich Trainer Roman Sanzhar während seiner Zeit bei Karpaty verändert?

Was ich von der Mannschaft fordere und meine Vision haben sich nicht geändert. Allerdings ist es Tatsache, dass ich mich bei Karpaty im denkbar schwierigsten Moment wiederfand. Die, die aktuell im Verein tätig und schon lange dabei sind, sagen, dass sie eine so schwierige Zeit noch nie erlebt haben. Entsprechend es dann mit all diesen Vorgängen – der Wechsel des Präsidenten und Eigentümers des Clubs, die Mannschaft musste sich selber finanzieren – eine sehr schwierige Zeit, die ich aber nicht bereue. Ich habe eine Menge guter Leute kennengelernt, mit denen ich hier arbeite. Es gab viele Schwierigkeiten, die mich, so denke ich, am Ende stärker machen werden und aus denen ich lernen muss, solche Erfahrungen kann man sonst nirgends machen. Deshalb bereue ich nicht, dass ich hier bei Karpaty bin. Ich mag alles hier, und ich habe den Glauben nicht verloren, auch wenn sich das Team jetzt in Quarantäne befindet, aber wir haben noch 9 Runden vor uns, und wir waren bereit, die Situation und das Team zu retten.

Aber jetzt, wie wird es aussehen, wo wir viele Kranke haben und alles sehr kompliziert ist? Unsere Konkurrenten spielen bereits, sie haben nach einer zweimonatigen Quarantäne wieder ihre Form gefunden. Wir sind nach zwei Wochen Training wieder in Quarantäne gegangen. Und jetzt, wo wir herausgehen – und Gott gebe, dass es uns gut geht und alle Jungs gesund sind -, werden wir einen sehr engen Zeitplan haben. Aber wir werden trotzdem mit der Hoffnung spielen, dass wir uns retten und die Klasse halten können. Ich bin absolut aufrichtig und aus tiefstem Herzen sage ich, dass ich meine Entscheidung nicht bereue.

Wie viel Zeit braucht es Ihrer Meinung nach, um ein Team aufzubauen?

Es ist immer wieder anders. Bei Olimpik durfte ich zwei Teams aufbauen. Die erste war das, das die Persha Liha [ukrainische zweite Liga] gewann, nach 8 Monate ohne Niederlage. Die Mannschaft war großartig. Nach der Hinrunde unserer ersten Saison in der Premier Liha standen wir auf Platz 4, am Ende waren wir auf Rang 8. Das heißt, es gab ein großartiges Team. Aber es war nicht ich, der mit dem Aufbau begonnen hatte, Igor Petrov und Roman Pylypchuk waren vor mir da. Ich setzte ihre Arbeit fort und bekam ein solches Ergebnis. Dann gingen viele dieser Spieler zu anderen Clubs. Olimpik war in der UPL instabil, d.h., wir hatten sowohl Misserfolge als auch gute Spiele – das lag daran, dass Leistungsträger die Mannschaft verließen und ich alle sechs Monate nach neuen Spielern suchte.

Ich brauchte dann 2 Jahre, um ein neues Team aufzubauen, mit dem wir in der Liga den 4. Platz erreichten und uns für die Europa League qualifizierten. Das benötigte auch einige Zeit: Alle sechs Monate kamen zwei oder drei Spieler hinzu, und so entwickelte sich ein Kollektiv.

Deshalb müssen Karpaty zunächst eine Art “Rückgrat” entwickeln: Spieler, um die das Spiel aufgebaut werden soll. Zu denen können dann junge Leute gesucht werden, und wenn der Verein mit Legionären zusammenarbeiten möchte, müssen die sich diesem Kern anschließen, der das Team führt.

Jetzt haben Karpaty eine sehr junge Mannschaft, viele geliehene Spieler, wodurch dieses Skelett fehlt, und das Erreichen von Ergebnissen sowie die dafür benötigte Zeit – das alles alles hängt davon ab, welche Art von Trainer, was für Spieler verpflichtet werden und welche Stabilität im Verein herrscht. Ich hoffe, dass dies alles passieren wird, denn der Präsident und der Besitzer des Clubs hat gewechselt, und er versteht das alles und wie lange es dauern wird. Ich glaube nicht, dass es da eine eindeutige Antwort gibt.

Aktuell sieht es aus, als seien die Überlebenschancen der Mannschaft in der UPL nicht besonder hoch. Wenn Oleh Smalijchuk Sie nun fragte, nach der Saison weiter mit Karpaty zusammenzuarbeiten, was wäre Ihre Antwort?

Ich möchte da nicht vorpreschen und jetzt etwas dazu sagen. Wir hatten ein Treffen mit Oleh Smalijchuk, wo wir über alles gesprochen haben. Jetzt sind wir damit beschäftigt, diese Saison mit Würde zu Ende zu bringen. Es ist noch zu früh zu sagen, was danach passieren wird. Mal sehen, wie sich alles entwickelt. Vorerst konzentrieren wir uns auf heute – trotz der Schwierigkeiten, die wir jetzt bei bei dem Versuch haben, die Mannschaft in der UPL zu halten.

Stellen Sie sich vor, Sie wären für das Team auch in der nächsten Saison verantwortlich. Die meisten Leistungsträger haben den Verein verlassen, und es gibt ein sehr kleines Budget für neue Spieler. Was wäre Ihr Rezept für die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Teams mit zumindest einer gewissen Hoffnung, in der nächsten Saison in der UPL zu spielen?

Egal ob ich oder ein anderer Trainer: Damit Karpaty ihre Stellung wiedererlangen können, müssen sie das besagte “Rückgrat” von Spielern schaffen, die vom Karpaty-Geist durchdrungen sind. Sie müssen dieses Kollektiv und diese Atmosphäre schaffen. Nur dann können wir über irgendwelche Aufgaben o.ä. sprechen. Das heißt, wir brauchen Spieler, die nicht nur dem Trikot nach, sondern auch in ihren Werten zum und für den Verein stehen. Und die Aufgabe eines jeden Trainers ist es, ob Sanzhar oder irgendjemand anderes, solche Spieler zu finden und daraus das Rückgrat der Mannschaft zu bilden. Und dann ist es in Ordnung, dann können Sie Aufgaben für das Team festlegen.

Wie kann eine professionelle Fußballmannschaft in der Ukraine, die nicht von einem Oligarchen finanziert wird, überleben?

Grundsätzlich werden alle unsere Clubs subventioniert. Der Verein kann sich nicht selbst versorgen. Wenn Clubs im Ausland mit Fernsehsendungen, Ticketverkäufen und Fanartikeln verdienen und viele Sponsorenverträge haben, ist die wirtschaftliche Situation in der Ukraine sehr schwierig, die Menschen haben kein Geld und deshalb verdienen Sie nicht mit Tickets. Die Fernsehgelder reichen nicht aus, um die Kosten der Clubs zu decken. Und da läuft es darauf hinaus, dass Clubs von ihren Besitzern abhängig sind. Bis jetzt sehe ich nicht, wie Clubs autark werden können. Es ist einfacher für Vereine, die an Europapokalen teilnehmen, weil sie dadurch die Einnahmen aus europäischen Fonds erhalten. Vereine, die diese Möglichkeit nicht haben, haben kleinere Budgets und entsprechend weniger Einnahmen, daher gibt es einen Kampf um den zweiten und dritten Platz, um an den Europapokalen teilnehmen und dort Geld verdienen zu können.

Oder durch den Verkauf von Spielern Geld verdienen?

Viele Teams folgen diesem Weg, etwa FK Lviv mit seinen Brasilianern. Aber ich muss sagen, dass „Zoriya“ unter der Führung von Rafailov in dieser Hinsicht am erfolgreichsten ist. Sie haben es gut hingekriegt, Spieler profitabel zu verkaufen, Shakhtar natürlich auch. Diese Clubs arbeiten in dieser Hinsicht am besten. Andere Teams möchten es ebenfalls wie „Zoriya“ machen, aber nicht jeder hat Erfolg.

In Deutschland gibt es ein Stereotyp über den „traditionell russischsprachigen Donbass“. Ich habe auf Pressekonferenzen von Ihnen sehr schönes Ukrainisch gehört. Woher kommt das?

Als Kind habe ich Ukrainisch gesprochen. In der Nähe von Donezk gibt es so ein Dorf, Olenivka, wo ich immer den ganzen Sommer mit meinen Großeltern verbrachte, und die sprachen Ukrainisch. Aber nachdem sie nicht mehr da waren, fehlte mir die Übung, weil in Donezk und nicht nur da hauptsächlich Russisch gesprochen wurde. Als ich zu Karpaty kam und sozusagen zur Kommunikation auf ukrainisch zurückkehrte, hatte ich am Anfang Probleme, weil ich viele Wörter vergessen hatte, und auch in den Wörterbüchern neue Wörter und Phrasen dazugekommen waren, aber jetzt habe ich habe mich schon daran gewöhnt, und alles ist in Ordnung.

Früher gab es in der Region Donezk überhaupt keine Probleme mit der Sprache. In Donezk selbst sprechen die meisten Menschen Russisch, aber in den Dörfern im Umland sprechen sehr viele Menschen Ukrainisch. Niemand achtete darauf, es gab keine Probleme.

Welche traditionellen Gerichte werden in der Heimat Ihrer Jugend zubereitet?

Alle lieben die ukrainische Küche sehr: Ukrainischer Borschtsch und Varenyky – genau das gleiche!

Siehe auch Roman Sanzhars Bericht über den Beginn der Okkupation in Donetsk

Те саме інтерв’ю можна читати українською мовою тут: „Карпати хочемо врятувати“: відвертий Роман Санжар – про всі причини кризи „зелено-білих“ і наклепи на свою адресу