Statement von Smalijchuk und was das bedeutet

Heute erschien auf der Internetseite des Vereins das lang erwartete Statement von Eigentümer Oleh Smalijchuk, wie es denn nun mit dem Verein weitergehen würde. Dabei wurde vor allem eines deutlich: wir werden viel Geduld und Optimismus brauchen.

blieb weiter vieles offenOleh Smalijchuk, Photo: © Informationszentrum «FC Karpaty»

Oleh Smalijchuks Erklärung

In der Einleitung erklärt Smalijchuk, dieser Monat sei wohl der schwierigste in der Geschichte des Vereins gewesen, und es sei – allerdings nur teilweise – gelungen, ihn vor der Zerstörung zu retten. Er wies weiter darauf hin, dass er nicht in der Lage sei, Millionenbeträge aus seiner Tasche zu ziehen, um den Miteigentümer (gemeint ist Ihor Kolomojskyj) auszuzahlen oder den Club in die Champions League zu bringen. Weiter in wörtlicher Rede:

Sie wollten uns in Stücke reißen. Um weiter zu existieren, die Spieler zu halten, das Stadion „Ukrajina“ nicht zu verlieren, das Geld von unseren Schuldnern zu bekommen, unsere eigenen Schulden abzubezahlen und uns die Chance zu erhalten, mit dem anderen Miteigentümer eine Einigung zu erzielen, mussten wir den professionellen Status des bestehenden Vereins – KPF „Karpaty“ beibehalten. Wir haben einige Schulden zurückgezahlt, uns verpflichtet, den Rest später zu begleichen – und so eine Lizenz für die Druha Liha [ukr. 3. Liga] erhalten. Wir danken dem ukrainischen Fußballverband und der Liga für ihr Verständnis und ihr Vertrauen in uns. Und ein besonderes Dankeschön geht an unseren Bürgermeister Andrij Sadowyj – er ist einer der wenigen, der nicht nur durch Worte gezeigt hat, dass sein Herz grün-weiß ist.

Aber: Wir gemeinsam wissen sehr gut – die Chancen, diesen Verein, diese juristische Person als Gegenstand des ukrainischen Fußballs, zu erhalten, sind sehr gering. Während wir unsere Schulden bezahlen, wird unsere Jugend für Karpaty spielen, und das alte Emblem von Karpaty wird bei den loyalsten Fans des Clubs bleiben. Ich betone, dass wenn die Saison 2020/2021 die letzte für Karpaty werden sollte, wird das nicht auf Schulden oder Transfersperren zurückzuführen sein, sondern nur auf den Unwillen des zweiten Miteigentümers, an der Hauptversammlung teilzunehmen und einen Kompromiss zu finden. Ich wiederhole – alle Schulden, die im letzten Jahrzehnt gesammelt wurden, werden wir bis zum Ende dieser Saison zurückzahlen.

Unser Wunsch, einen neuen Club „Karpaty“ zu schaffen, ist jedoch nicht verschwunden. Dies wird der Club sein, wie er wirklich sein soll. Mit dem Namen „Karpaty“, dem alten Wappen, der Geschichte, den Fans im Management (vertraut nicht mir – bitte vertraut ihnen), mit dem coolsten Büro im ukrainischen Fußball, Ambitionen und völlig neuen Prinzipien der Arbeit. Das Leben dieses Clubs wird nicht von der Geldbörse und der Stimmung des Besitzers abhängen. Jeder Mitarbeiter dieses Clubs wird sich auf das Ergebnis fokussieren und nicht auf den Dienst am Präsidenten. Der Aufstieg in die UPL und die Teilnahme an Europapokalen ist eine wichtige Notwendigkeit und nicht dazu da, den Gästen der VIP-Box zuzuwinken. Die Anzahl der Fans und ihre Unterstützung wird unser KPI sein, nicht die Diener und Statisten des Feudalherren.

Ich weiß, dass viele Fans, besonders diejenigen mit Erfahrung, die Idee der Erneuerung nicht akzeptieren. Ich habe viele Kommentare gelesen in der Art von „das wird nicht mehr der selbe FK Karpaty sein“. Ich wende ich jetzt an Euch. Was ist das – der echte „FK Karpaty“? Derjenige, der 1982 starb? Oder vielleicht PFC „Karpaty“? Oder der aktuellen KPF „Karpaty“? Der Verein wechselte viele Male seine juristische Person, aber das war allen scheißegal – für alle war es so, dass sie den FK Karpaty unterstützen, nicht Crysal Holdings oder Mendel Limited [gemeint sind die Offshore-Firmen, über die Dyminskyj und Kolomojskyj das Eigentum an FK Karpaty verwalten], die Nummer im Handelsregister oder die Platzierung in der UPL. Es ist die Marke – der Name, das Wappen, die Farben, die Geschichte, der Geist.

Das alles wollen wir, und jetzt versuchen wir es zu bewahren. Wir hatten geplant, mit dem erneuerten FK Karpaty in diese Saison zu starten. Alle unsere Versuche erforderten jedoch die Erlaubnis des Lviver Fußballverbandes. Selbst wenn wir in der Amateurliga hätten beginnen wollten (aber den Club so viele Jahre ohne Einkommen durchzuschleppen, wäre finanziell sehr schwierig), hätten wir doch immer noch grünes Licht von den örtlichen Beamten benötigt. Und die haben wir nicht erhalten. Oleksandr Schevtschenko, der Leiter des Lviver Fußballverbandes, erklärt seine Position damit, dass er mir nicht vertraut und seinen Ruf nicht riskieren will. Es gibt jedoch zwei „aber“. Erstens gibt es gar keine andere Möglichkeit, Karpaty zu retten – und Herr Schevtschenko versteht das perfekt. Es läuft wohl darauf hinaus, dass es für ihn besser ist, wenn Karpaty sterben, als es wäre, uns eine Chance zu geben. Zweitens ist Shevchenko ein ehemaliger Manager von Hryhorij Koslovskyj [Eigentümer und Präsident von UPL-Aufsteiger Rukh], seinem alten Freund und derzeitigen Geschäftspartner.

Ich möchte nicht glauben, dass dies Schevtschenkos Position beeinflusst, aber alle Fans, die zwei und zwei zusammenzählen können, werden genau diese Schlussfolgerung ziehen, wenn dies unvermeidlich wird. Tatsächlich respektiere ich Oleksandr Jakovytsch. Ich hoffe, dass der gesunde Menschenverstand gewinnt und Herr Schevtschenko Karpaty hilft. So kann er zeigen, dass er alle Lviver Vereine unterstützt, nicht nur Rukh. Es ist dazu nicht nötig, irgendetwas zu erfinden, es reicht aus, sich von Logik, Gewissen und der der Satzung seiner Organisation leiten zu lassen, wo direkt ihre Ziele hinterlegt sind: die Entwicklung und Förderung des Fußballs. 

Jetzt verstehen Sie, warum wir so lange geschwiegen haben – die Situation änderte sich jeden Tag, wir suchten ständig nach neuen Auswegen, und einige Clubkollegen im Lviver Fußball versuchten, jede unserer Bewegungen zu kontrollieren und warfen uns regelmäßig Stöcke zwischen die Beine. Mit solchen „Freunden“ braucht man keine Feinde mehr. Ich sende ihnen allen meine besten Grüße. Und ich warne Sie – für Versuche, uns Mitarbeiter, Trainer und Spieler zu stehlen, haften Sie nach FIFA-Recht und nicht nach dem Prinzip „Wer hat mehr Geld“ oder veralteten Konzepten. 

Es ist ihnen nicht gelungen, uns aufzuhalten. Wir bereiten uns bereits auf eine umfangreiche Erneuerung vor. Und wir werden es tun – Karpaty Lviv wird leben. Und nicht einfach nur leben – sehr bald werden alle, die jetzt auf unserem Grab trampeln wollen, angelaufen kommen und an unserem Erfolg teilhaben wollen. 

Wir hoffen auf die Unterstützung aller echten Fans und all derer, die verstehen, dass, wenn sie sich selber nicht als Schafe betrachten, sie auch keinen Hirten brauchen. Alle ihr mit einem Karpaty-Herz – habt Vertrauen; alle anderen – geht Eurer Wege!

Die gescheiterte „Erneuerung“

Oleh Smalijchuk und Serhij Bolotnikov hatten versprochen, dass sich an diesem Wochenende alles aufklären solle. Diesem Anspruch sind sie nur zum Teil gerecht geworden. Klar ist, dass der Plan, schon in dieser Saison den „alten“ FK Karpaty sterben zu lassen und einen existierenden Club in der Druha Liha zu dem „neuen“ zu machen, am Veto des Lviver Fußballverbands (genauer gesagt: dem derer, die dessen Präsidenten Oleksandr Schevtschenko die Anweisungen geben) gescheitert ist. Klar ist auch, dass am Ende der kommenden Saison ein neuer Versuch unternommen wird. Es ist davon auszugehen, dass bis dahin der „alte“ Club unter dem neuen Trash-Wappen spielen wird, während das Original weiterhin bei einer Fan-Vereinigung „geparkt“ bleibt.

Die Transition der Vereinswappen von links nach rechts: alt, Trash-Logo aus dem Internet und das neue Logo des alten Vereins.

Die Schulden des alten Clubs

Oleh Smalijchuk verspricht, die auf rund 5 Mio Euro geschätzten Schulden bis zum Ende der kommenden Saison abgezahlt zu haben. Hierzu kann er auf ausstehende Einnahmen aus früheren Transfers hoffen:

  • Für den Weiterverkauf des ehemaligen Karpaty-Spielers Gustavo Blanco-Leshchuk schuldet Shakthar dem Club noch rund 200.000 Euro. Karpaty haben Shakhtar kürzlich verklagt, um die Zahlung zu erzwingen.
  • Jorge Carrascal war vergangene Winterpause von River Plate für 2.5 Mio Euro nach erfolgreicher Leihe fest verpflichtet worden, wofür der Club bisher nur rund die Hälfte gezahlt hat – eine Beschwerde bei der FIFA wurde von Karpaty kürzlich eingereicht.
  • Karpaty stehen bei einem Weiterverkauf von Carrascal 11% des Transfererlöses zu. Aktuell sieht es so aus, als würde der Spieler in diesem Sommer wechseln. Je nach Kaufsumme wäre hier wohl eine Einnahme von etwa einer Mio Euro realistisch.
  • Es gibt eine ähnliche Klausel in unbekannter Höhe für den ehemaligen Karpaty-Spieler Volodymyr Kostevytsch, der im Winter ablösefrei von Lech Posen zu Dynamo Kyiv wechselt. Hier wird derzeit spekuliert, dass der Wechsel für eine bescheidene Ablösesumme schon in diesem Sommer stattfinden könnte.
  • Auch bei Maryan Shved wird vermutet, dass eine Beteiligung bei einem etwaigen Weiterverkauf ausgehandelt wurde. Der Spieler hat sich gerade erst dem KV Mechelen in Belgien angeschlossen – auf Leihbasis mit Kaufoption. Sollte Mechelen nach der Saison die Option ziehen, wäre auch hier eine Zahlung nach Lviv fällig, allerdings wohl eine weit niedrigere Summe als man sich einst erhofft hatte.

Mit diesen erwarteten Zahlungen wird ein größerer Teil, aber nicht der gesamte Schuldenberg beglichen werden können, es wird also, wenn das wirklich bis zum Saisonende geschafft werden soll, noch anderer Einnahmequellen bedürfen.

Ein wenig Spekulation: Karpaty „bisher“ und „zukünftig“

Wie wir nun gerade erfahren haben, ist die „Erneuerung“ nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Bis dahin werden vermutlich FK Karpaty („bisher“) und FK Karpaty („zukünftig“) sogar in der selben Liga spielen!

Seit längerem pfeifen bereits die Spatzen von den Dächern, dass es sich bei letzterem um den FK Karpaty-Enerhetyk Halytsch-Burshtyn (in Wikipedia, auf Facebook) aus der Region Ivano-Frankivsk handelt. Der Club hatte 2012 aufgrund von finanziellen Problemen seinen professionellen Status verloren und war gerade in dieser Saison wieder in die Druha Liha aufgestiegen. Erst im vergangenen April ist er von „Enerhetyk“ in „Karpaty“ umbenannt worden, was dafür spricht, dass damals schon ein Plan in dieser Richtung existiert haben dürfte.

Quellen aus dem Umfeld des Clubs zufolge hat der Geschäftsführer von Karpaty („alt“), Rostyslaw Yashchyshyn, dort bereits einen führenden Posten übernommen. Trainer soll Roman Hnativ werden, und auch einige frühere Karpaty-Spieler, wie etwa Nazar Verbnyj und Maksym Hrysio sind mehrfach geannt worden. Um das erklärte Ziel, den Aufstieg in die Perscha Liha (ukr. 2. Liga) am Ende der kommenden Saison zu schaffen, wird der Club zumindest ein Grundgerüst aus gestandenen Spielern benötigen, die dann ggf. durch einige aus der Karpaty-Jugend ergänzt wird.

Der Plan liegt auf der Hand: der neue Club qualifiziert sich zum Saisonende für die Perscha Liha, der alte geht bankrott, überträgt Namen, Ort und Mannschaft auf den neuen, der dann von der Fan-Vereinigung „Ultras Karpaty“ die Rechte am alten Logo übertragen bekommt und dann in in der ukrainischen 2. Liga als „Karpaty Lviv“ wird antreten können. Wie es heißt, wird dieser Plan, wenn er denn sportlich aufgeht, nicht so leicht zu torpedieren sein, wie der, der in dieser Sommerpause gerade fehlgeschlagen ist.

Somit kommen wir zum Fazit: vor uns liegt ein Jahr, das uns wenig Freude bereiten wird. Karpaty Lviv wird in der Druha Liha antreten und vermutlich nicht viel gewinnen, da die Mannschaft nur aus Jugendspielern bestehen wird. Ein anderer Club, vermutlich der aus Halytsch, wird mit vielen uns gut bekannten Namen und Gesichtern unter einem anderen Namen und mit anderen Symbolen antreten. Wir werden ihn unterstützen müssen und hoffen, dass ihm der Aufstieg gelingt. Danach werden wir darauf vertrauen und glauben, dass alles gelingt und in der Saison 2020/2021 wieder Karpaty Lviv mit den uns bekannten Farben und Symbolen in der Perscha Liha um den Aufstieg spielen werden.

Es werden lange 10 Monate!