Das Transferfenster ist offen, und wieder sind bei Fans und Führung der Grünweißen die gespannten Blicke nach Argentinien gerichtet, wo sich diese Tage die Zukunft des Clubs entscheiden könnte. Entschieden ist noch nichts, aber die Anzeichen sind vielversprechend.

Der offensive Mittelfeldspieler Jorge Carrascal war 2017 zu Beginn der Ära „Los Karpatos“ die alles entscheidende Verpflichtung, als er – noch verletzt – per Leihe mit Kaufoption vom FC Sevilla kam. Wieder genesen spielte er eine bärenstarke Rückrunde, mit der er den Club vor dem Abstieg rettete, seinen Marktwert kräftig steigerte – und zu einer lebenswichtigen Geldanlage wurde.
Die 2 Mio Transfersumme, die er Karpaty kostete, wurde durch die im Winter 2019 folgende Leihe und ein halbes Jahr später wiederum gezogene Kaufoption durch den argentinischen Gigangen River Plate mit insgesamt 3.5 Mio Euro (Kaufpreis + Leihgebühr) mehr als kompensiert. Doch entstand nun ein schwerwiegendes Problem: weder Karpaty noch River Plate haben ihre jeweiligen Kaufsummen bisher bezahlt, denn beide Clubs sind so gut wie pleite.
Für Karpaty führte das zu einer Transfersperre durch die FIFA, für River Plate interessanterweise bisher nicht. Dem Vernehmen nach haben die Grünweißen immerhin einen Teil der fälligen Zahlung erhalten, sind aber nach wie vor nicht in der Lage, ihre Schulden bei Sevilla zu begleichen. Und hier kommt der aktuell stattfindende Transferpoker um Carrascal ins Spiel: nicht nur hofft man in Lviv, nach einem Verkauf des Spielers endlich den noch ausstehenden siebenstelligen Betrag zu erhalten – man hat zudem seinerzeit mit River Plate eine Beteilligung von 11% am eventuellen Weiterverkauf des Spielers vereinbart, wodurch nun sogar noch Aussicht auf eine weitere Zahlung bestünde.
Karpaty brauchen dieses Geld dringend, um ihre Schulden von aktuell noch irgendwo zwischen 1.5 und 3 Mio Euro bezahlen zu können – es ist faktisch einer der wenigen Gründe dafür, dass der Club unter dem Dach der alten juristische Person „PFK Karpaty Lviv“ überhaupt noch weiter geführt wird, hatte man doch dem Fußballverband hoch und heilig versprochen, zum Ende der Saison alle Schulden beglichen zu haben.
Aber wie steht es denn nun um einen möglichen Transfer Carrascals in dieser Winterpause? In den vergangenen 12 Monaten waren verschiedene Namen gehandelt worden, etwa Juventus Turin oder auch ZSKA Moskau, wobei mit letzteren finanziell keine Einigung erzielt werden konnte. Seit neustem ist, wie das kolumbische Portal infobae gestern berichtete, ein neuer Interessent im Spiel: der FC Al-Ain aus den Vereinten Arabischen Emiraten, wo man offenbar über das notwendige Kleingeld verfügt und gewillt ist, es in einen Stareinkauf zu investieren.
Man ist indes weit davon entfernt, sich handelseinig geworden zu sein: River Plate erklärt, für der Spieler habe eine festgeschriebene Ablöse von 20 Mio Euro, und für weniger würde man ihn nicht abgeben. Betrachtet man Carrascals aktuellen Marktwert (2.7 Mio), ist das trotz seines jungen Alters von 22 Jahren und der damit verbundenen Hoffnung auf eine spätere Wertsteigerung schon ein stolzer Preis.
Bei Al-Ain hat man wohl bereits Bereitschaft signalisiert, die Hälfte, also 10 Mio Euro, für Carrascal zu zahlen, was auch schon eine Menge wäre. Sollte dies stimmen, wäre letztlich ein Preis irgendwo zwischen 10 und 20 Mio vorstellbar, Voraussetzung hierfür wäre aber natürlich, dass River Plate noch von seiner harten Linie abrückt.

Dafür spricht allerdings einiges, da der Club dringend Einnahmen braucht, und das bisherige Beharren auf die festgeschriebene Ablösesumme durchaus als ein Versuch gedeutet werden könnte, einfach nur den Preis in die Höhe zu treiben.
Einem weiteren Bericht zufolge, veröffentlicht ebenfalls gestern bei todofichajes.com, soll Al-Ain sogar ernsthaft in Erwägung ziehen, die geforderten 20 Mio zu zahlen, da man fürchte, dass sonst ein europäischer Topclub vorher zugreifen könnte (welcher europäische Club aktuell bereit wäre, 20 Mio für Carrascal zu zahlen, bleibt dabei eine andere Frage). Der Spieler selber soll auch nicht abgeneigt sein; angeblich sei ihm eine Erhöhung seines Gehalts auf das Fünffache in Aussicht gestellt worden.
Nun können wir den Rechenschieber anwerfen: sollte es wirklich in diesem Winter zu einem Transfer Carrascals kommen, und davon ausgehend, dass der Kaufpreis irgendwo zwischen 10 und 20 Mio Euro betragen würde, könnten sich Karpaty auf eine Beteiligung zwischen 1.1 und 2.2 Mio Euro freuen (und, hoffentlich, auf die Begleichung der noch offenen Schulden der Argentinier), wodurch man am Ende der Saison tatsächlich schuldenfrei sein könnte und sogar noch etwas übrig behielte.
Sollte es zu diesem Transfer nicht kommen, wäre hingegen völlig offen, ob und wann das noch ausstehende Geld in Lviv eintrifft. Die Konsequenzen wären dramatisch: man könnte seine Schulden nicht begleichen, die Transfersperre bliebe bestehen, und – wohl am wichtigsten – die ohnehin schon geringen Chancen, den Club in der nächsten Saison über eine andere juristische Person „erneuern“ zu können, wären nahezu Null.
Es ist also nicht übertrieben zu sagen, dass das Schicksal der Grünweißen sich in den nächsten Tagen oder Wochen in Argentinien entscheidet.