Heute spielten Karpaty das letzte Spiel vor der Winterpause auswärts bei Tabellennachbarn Vorskla. Die Tabellensituation war für beide Mannschaften sehr unangenehm, da FK Lviv gestern sein Heimspiel gegen Kolos gewonnen hatte und heute beide Mannschaften nur noch um den letzten oder vorletzten Platz kämpfen konnten. Umso unangenehmer war die Tatsache, dass im Verein aktuell erhebliche Unruhe herrscht – schon zwei Monate sind keine Spielergehälter gezahlt worden, der Brasilianer João Diogo Jennings, bisher einer der besseren Offensivspieler ist vorzeitig nach Brasilien zurückgekehrt, was durchaus hierin seine Gründe haben konnte.

Die Aufstellung war wirklich eine Notelf. Taktisch war Trainer Sanzhar zum 4:3:3 zurückgekehrt mit Jugendtorhüter Andrij Artym im Tor, davor Yakimets‘ für den gesperrten Martins, Kutscher, Hall für den verletzten Vakulenko und Dubinchak als Viererkette, davor Kosak, Klyots und Nasaryna sowie im Sturm Kirylenko, Boiciuc und Lyakh.
Auf der Bank saßen Torwart Saderejko, Verteidiger Busko und Veremiyenko, Mittelfeldspieler Mohamed und Tolotschko sowie Hutsulyak und Deda für die Offensive. Neben Martins war noch Torwart Kudryk nach seiner roten Karte letzte Woche gegen Desna gesperrt, und eine ganze Reihe Spieler fehlten, wie der Verein erklärte, verletzungsbedingt: Pidkivka, der nach seinem Katastrophenspiel gegen Shakhtar überhaupt nicht mehr in Erscheinung getreten ist, Di Franco und Ponde, die letzte Woche noch fit waren und schließlich Vakulenko, der offensichtlich tatsächlich verletzt ist – er hatte vorletzte Woche vorzeitig vom Platz gemusst.
Diese Situation war natürlich in einem solchen (fast schon) „9-Punkte-Spiel“ überaus unangenehm, andererseits konnte man sich heute ein wenig ein Bild über die Leistungsfähigkeit des Nachwuchses machen, der ansonsten regelmäßig für die U21 zum Einsatz kommt, und Lästermäuler mögen dabei anmerken, dass dies vielleicht eine kleine Vorschau auf eine Aufstellung ist, bei der der Verein ohne die teureren Legionäre auskommen muss, weil er sie möglicherweise nicht mehr bezahlen kann.
Das Spiel begann wenig überraschend von beiden Seiten nervös, es ging schließlich um viel, und die Leistungsfähigkeit beider Mannschaften war auch überschaubar, schließlich standen beide nicht umsonst auf den letzten beiden Tabellenplätzen. Auffällig war dabei, dass die personell geschwächte Karpaty-Abwehr sich bei gleich mehreren Chancen für Vorskla zunächst ganz gut aus der Affäre zog, während der Gegner bei Karpaty-Angriffen unsicherer wirkte.
Nach der ersten Viertelstunde entwickelte sich ein Spiel, das – auch bedingt durch die Schwächen beider Gegner – fröhlich hin und her ging und durchaus unterhaltsam war. Nach 29 Minuten ging dann Vorskla in Führung. Perduta ging rechts bis zur Grundlinie durch und schlug eine hohe Flanke in den Strafraum, wo Luizao relativ unbedrängt zum Kopfball kam. Die Karpaty-Abwehr sah hier zum ersten Mal richtig schlecht aus: Dubinchak ließ seinen Gegenspieler unbedrängt zur Flanke kommen, obwohl er nicht weit von ihm stand, der großewachsene Kutscher konnte Luizao nicht am Kopfball hindern, und unhaltbar war der Ball auch nicht. Dennoch war das der erste einigermaßen ordentlich gespielte Angriff Vorsklas, und der hatte gleich Zählbares zur Folge.
Same procedure as every week, Karpaty mussten wieder einem Rückstand hinterher laufen. Sie mussten dieses Mal nicht für lange. Nach 38 Minuten spielte Kosak Nasaryna in der rechten Strafraumecke an, der dribbelte sich an die Grundlinie durch, flankte flach diagonal in die Mitte, und Boiciuc machte keinen Fehler. Die Freude hatte aber nicht lange Bestand. Gleich zwei Minuten später, praktisch im direkten Gegenzug nach dem Wiederanpfiff, versuchte Hall, eine mittelhoch in den Strafraum geschlagene Flanke mit dem Kopf abzuwehren, wobei ihm der Ball an die Schulter prallte. Zum Entsetzen der Gäste pfiff der Schiedsrichter Strafstoß, Vasyn trat an und verwandelte. Das war eine glatte Fehlentscheidung, die natürlich in einem so wichtigen Spiel besonders weh tat. Mit einem durch den Elfmeterpfiff sehr fragwürdigen 2:1 ging es in die Pause.
Nach dem Wiederanpfiff kam der Finne Abukar Mohamed, eine Leihgabe von Lazio, zu seinem ersten Einsatz in der UPL, für ihn ging der angeschlagene Kosak. Das Spiel wurde nach einigen Fouls und gelben Karten schnell hektisch, was der Qualität nicht gut tat. Der Schiedsrichter wirkte dabei nicht immer souverän, und es gab einige fragwürdige Entscheidungen. Auch wirkte der Platz immer mehr wie ein Acker und machte richtiges Fußballspielen zunehmend schwer. Darunter litten die Karpaty-Spieler mehr als der Gegner, denn sie mussten nun das Spiel machen, und es gab immer wieder unnötige Abspielfehler, nachden man sich mühsam den Ball zurückerobern musste.
Nach 60 Minuten kam Deda für Lyakh, der bisher blass geblieben war. Spielbestimmen dwar zu diesem Zeitpunkt aber klar Vorskla, und Karpaty kamen kaum noch zu Offensivaktionen, die herausgespielt waren und sich nicht zufällig aus nach vorn geschlagenen Bällen ergaben. Bedingt durch die Bodenverhältnisse, aber auch die sehr überschaubare Leistungsfähigkeit beider Mannschaften wurde es stellenweise auch ziemlich hart. Nach 75 Minuten hatte die gesamte Karpaty-Abwehr sowie Nasaryna und Mohamed bereits gelb gesehen, und auch bei Vorskla waren schon drei Spieler verwarnt.
Es ging in die letzte Viertelstunde, und Karpaty sahen nicht aus, als würden sie überhaupt noch einmal zu einer wirklichen Torchance kommen, während Vorskla immer wieder in die gegnerische Hälfte kam, aber sich in der Offensive genau so ungeschickt anstellte, wie man es von einem Tabellenletzten erwarten konnte. In den letzten paar Minuten kamen Karpaty noch einmal durch einige Indivudualaktionen zu zwei Möglichkeiten, die aber beide nichts mehr einbrachten, und Vorskla brachte die Partei letztendlich ohne große Gefahr nach hause.
Karpaty haben wieder verloren, dieses Mal gegen den Tabellenletzten, und nun stehen sie eben selber ganz unten. All denen, die seit langer Zeit schreien, sie wollten keine „fremden“ Spieler mehr auf dem Platz sehen, sollten genau hinschauen, wie es aussieht, wenn ein paar davon fehlen: Artym im Tor ist kein Ersatz für Kudryk. Yakimets‘ hat tapfer gekämpft, aber einen Martins in guter Form kann er auch nicht ersetzen. Sowohl Lyakh als auch Deda kriegten nicht viel auf die Reihe, und Klyots war teil eines komplett versagenden Mittelfelds, bei dem auch Kosak und Mohamed nicht viel auf die Reihe kriegten und das vor allem in Hälfte 2 immer wieder Bälle durch unnötige Fehlpässe verlor.
Ein gewisses Lob verdienten heute Kirylenko und Boiciuc vorn, die beide unentwegt rackerten, um jeden Ball kämpften und den Abschluss suchten, aber nur selten brauchbare Zuspiele erhielten. Auch war Dubinchak wieder stark. Diese drei zeigten auch in diesem finsteren Moment die Tugenden, die Karpaty-Spieler ausmachen: nie aufgeben, kämpfen, keinen Ball verloren geben.
Das 2:1 für Vorskla war durch einen unberechtigten Elfmeter zustande gekommen, das ist richtig. Nur gab es eine ganze zweite Halbzeit, um das zu korrigieren, und mit der Aufgabe war die Mannschaft überfordert. Gegen einen stärkeren Gegner hätte es heute auch wieder eine Packung gegeben wie letztes Wochenende.
Letzter, endlich sind wir letzter! Die Mannschaft ist zu schwach, der Verein hat kein Geld für Verstärkungen, nicht einmal Geld für den aktuellen Kader. Chaos auf dem Feld, Chaos neben dem Feld. Jetzt freuen wir uns alle auf friedliche Feiertage, bevor wir uns aber Februar wieder jede Woche ärgern dürfen. Frohes Fest!