Heute spielten am letzten Spieltag der ersten Phase der Perscha Liha Gruppe A Karpaty zu hause gegen den mit großem Abstand Tabellenersten Polissya. Das Hinspiel in Zhytomir war deutlich verloren worden, und der Abstand von Platz 1 auf 2 betrug vor diesem Spiel ganze 9 Punkte. Karpaty hatten ein Polster von 4 Punkten auf Platz 3, wobei aber immer noch die Gefahr einer technischen Niederlage nach dem Wechselfehler im letzten Spiel bestand – zu diesem Thema ist in der vergangenen Woche noch keine Entscheidung getroffen worden.

Karpaty spielten in ihrer üblichen 3:2:3:2 mit folgender Startaufstellung. Dabei fehlte mit Denys Halenkov nach seiner gelbroten Karte einer der stärksten Spieler der letzten Wochen:
- Roman Lyopka (TW)
- Ivan Kohut (RWB)
- Valerij Boldenkov (RIV)
- Ihor Duts (ZIV)
- Vladyslav Pryjmak (LIV)
- Oleh Len (LWB)
- Artur Schakh (ZDM)
- Artur Ryabov (ZDM)
- Ambrosij Tschatschua (ZAM)
- Denys Kozhanov (RF)
- Rostyslav Taranukha (LF)
Auf der Bank saßen Dmytro Fastov, Dmytro Makhnyev, Mykola Kohut, Vitaly Katrytsch, Oleksandr Klymets, Vadym Sydun. Mit Linksverteidiger Katrytsch und Vadym Sydun waren zwei Nachwuchsspieler, die wir bisher nur in den Vorbereitungsspielen bzw. einem Kurzeinsatz in der Perscha Liha gesehen hatten, im Kader.
Im Laufe des Spiels kamen noch Dmytro Makhnyev (Artur Schakh), Mykola Kohut (Denys Kozhanov), Oleksandr Klymets (Valerij Boldenkov), Vadym Sydun (Rostyslav Taranukha) zum Einsatz.
Karpaty begannen außerordentlich nervös – in den ersten Minuten kam praktisch kein Pass an, und die Gäste kamen schon früh zu ihrer ersten hochkarätigen Torchance, die die Karpaty-Abwehr mit ein wenig Glück abwehren konnte. So ging das eine ganze Weile: Ballbesitz Karpaty, Fehlpass, Angriff Polissya, gefährliche Situation im Karpaty-Strafraum. Das war beängstigend.
Nach 8 Minuten tauchten Karpaty dann das erste Mal gefährlich vor dem gegnerischen Tor auf – die Polissya-Abwehr war wohl aus einer gewissen Sorglosigkeit heraus ein wenig aufgerückt, so dass Kozhanov steil geschickt von rechts in den Strafraum flanken konnte, wo Taranukha den Ball volley abnahm, aber verzog. Das Karpaty-Spiel wirkte nun wenigstens ein wenig stabilisiert, auch wenn der Gegner nach wie vor ballsicherer und insgesamt überlegen blieb.
Letztlich konsequent fiel nach 14 Minuten dann das 0:1 – Flanke, Kopfball nicht ganz genau, aber ein im richtigen Moment in den Fünfmeterraum laufender Denis Yanakov, Ball im Tor. Der Treffer wurde noch ein wenig durch den VAR, der in diesem Spiel zum ersten Mal in der laufenden Perscha Liha Saison im Einsatz war, überprüft, aber der Treffer war regelkonform und zählte.
Das war der Moment, wo man eigentlich schon aufhören konnte. Die in der Verwertung von Chancen leider überaus schwachen Grünweißen würden nun mehr und mehr das Spiel öffnen müssen, damit dem extrem effizienten Gegner Möglichkeiten für Konter schenken, der dann am Ende wohl mit noch einigen weiteren Toren Abstand gewinnen würde. Wirklich? Gegen eine positive Überraschung hätten wir nichts einzuwenden!
Aber es kam noch schlimmer. Nach 29 Minuten erhielt Oleh Len‘ vollkommen zu Recht die zweite Verwarnung und musste vom Platz, so dass seine Mannschaft in Unterzahl weiter spielen musste. Polissya ließ es jetzt etwas ruhiger angehen. Dadurch kamen Karpaty nun zu einigen Offensivaktionen, ohne jedoch dabei wirklich gefährlich zu wirken. Es ging mit 0:1 in die Pause.
Die zweite Hälfte begann mit einem Hoffnungsschimmer: Ryabov bekam den Ball im Mittelfeld auf den Fuß und spielte einen hohen Steilpass hinter die aufgerückte Polissya-Mannschaft, während Kozhanov durchstartete, allein auf (Ex-Karpaty-) Torwart Oleg Kudryk zulief und an ihm scheiterte, dafür aber Taranukha den abprallenden Ball ins Tor schoss. In den Torjubel hinein ertönte ein Abseitspfiff. Es folgte eine Konsultation mit dem Video-Schiedsrichter, und nach einigem Ziehen von Linien auf dem virtuellen Spielfeld kam die Korrektur: gültiges Tor, 1:1. Das war unerwartet. Karpaty hatten in Unterzahl ihr erstes Tor gegen die Übermannschaft der Liga erzielt.
Es dauerte aber auch nur weniger als 10 Minuten, bis Polissya wieder in Führung ging. Ryabov hatte Vasyl Grytsuk an der Strafraumgrenze gefoult, und Yevgenij Morosko trat aus 17 Metern zum Freistoß an. Der Schuss war perfekt, unhaltbar, 1:2. Polissya hatte sich für einen kurzen Moment ausgeruht, war aber, aber als eine Reaktion notwendig wurde, sofort wieder voll da. Für den Rest des Spiels taten die Gäste dann genug, um keine Karpaty-Chancen mehr zuzulassen und suchte, ohne selber Risiken einzugehen, hier und da nach Möglichkeiten, die eigene Führung noch zu vergrößern. Das war frustrierend, aber eben auch ein Ausdruck von Klasse.
Dieses Spiel konnte trotz des Resultats einen positiven Eindruck hinterlassen. Die Mannschaft spielte, obwohl sie 60 Minuten lang in Unterzahl war, engagiert, kämpfte sich nach dem schachen Beginn ins Spiel zurück und schaffte sogar den zwischenzeitlichen Ausgleich. Dennoch war der Klassenunterschied zu diesem Gegner, dessen Kader rund doppelt so viel wert ist wie der der Grünweißen, über weite Strecken des Spiels deutlich.
Trotz des ein wenig versöhnlichen Ausklangs der Phase 1 der Saison ändert das nichts an der Erkenntnis, dass Karpaty ohne eine deutliche Verbesserung nach der Winterpause leider kein Kanditat für den Aufstieg in die UPL sind. Polissya war so überlegen, wie es aufgrund des Unterschieds zwischen den Kadern beider Mannschaften zu erwarten war. Aber auch gegen den Hauptkonkurrent auf den zweiten Platz in der Gruppe A, Epicenter (die heute ebenfalls gewonnen haben), haben die Grünweiße zweimal klar verloren, und in der Gruppe B warten Gegner wie Obolon und LNS, die zwar nicht so stark wie Polissya sind, aber über gut besetzte Teams und stabilen finanziellen Rückhalt verfügen. Sollte es noch zu einem immer noch möglichen nachträglichen Punktabzug wegen des Wechselfehlers im Spiel gegen Prykarpattya kommen, wird die Ausgangslage für Phase 2 noch einmal schlechter.
Das spielerische und taktische Konzept von Trainer Andrij Tlumak hat in der laufenden Saison wie auch der Vorsaison an und für sich gut funktioniert. Man könnte kritisieren, dass die Mannschaft dadurch ausrechenbar gewesen sei, aber die Resultate scheinen das eigentlich nicht zu bestätigen. Die Schwächen der Mannschaft liegen aus unserer Sicht im Kader: Der Offensive fehlt es an Effizienz bei der Verwandlung ihrer Chancen, und die zu Saisonbeginn sichere Innenverteidigung hat sich in den letzten Wochen immer wieder Konzentrationsschwächen geleistet, die dann auch oft zu Gegentoren führten. Lyopka und Fastov im Tor waren zwar nicht Schwachpunkte ihrer Mannschaften, haben sich aber beide Fehler geleistet, die dann natürlich sofort eine Auswirkung auf das Resultat hatten.
Es bleibt also zu hoffen, dass es in der Winterpause eine Möglichkeit gibt, die Mannschaft personell zu stärken. Noch ist nichts verloren. Die Grünweißen mit wenigen Punkten in die Aufstiegsrunde starten, und man wird nur noch 8 Spiele bestreiten, und zwar gegen die Mannschaften, die vormals in Gruppe B gespielt haben – zwar also gegen direkte Konkurrenten, jedoch wird man, um z.B. noch an Epicenter vorbeiziehen zu können, auf die Schüztenhilfe seitens anderer Clubs angewiesen sein.