Das ukrainische Portal „Brutalnyj Futbol“ zitierte heute auf Twitter über dem schönen Bild, das wir hier auch sehen Rustam Khudzhamov, Torhüter und Kapitän beim FK Mariupol mit einer finsteren Prognose.

Dort heißt es:
Ich denke, dass in der Ukraine nicht Clubs bis zum Ende des Jahres durchhalten werden. Nicht alle hatten vorher [vor der Zwangspause der Liga] gesunde Finanzen. Es wird weniger Geld und dafür mehr Probleme geben. Die Gehälter der Spieler und des des Personals hat in den Clubs niemand gekürzt.
Dass in der Graphik das grünweiße Karpaty-Logo enthalten ist, wundert wohl niemanden mehr, und auch die Ursachen dafür haben wir mittlerweile zur Genüge analysiert.
Fakt ist, dass in der Ukraine Profifußball derzeit ein Zuschussgeschäft ist. Die Stadien sind seit der russischen Aggression, Krise und der Streichung oder deutliche Kürzung der Finanzierung vieler Clubs durch ihre jeweiligen Oligarchen meist leer. Da einige wenige Clubs (vor allem Shakhtar und Dynamo) nach wie vor teure Kader unterhalten, muss sich, wer irgendwie oben mithalten will, finanziell verausgaben. Opfer dieses Versuchs ist beispielsweise Vorskla geworden, das drastisch Kosten senken musste und dadurch auch prompt aus den ersten sechs in den Abstiegskampf durchgereicht wurde.
Im Schlussdrittel der Tabelle sind die Budgets deutlich kleiner, aber dennoch zu hoch. Ein Club wie der Lokalrivale FK Lviv wäre ohne das Geld von Präsident Bohdan Kopytko (der den UPL-Platz und größere Teile des Kaders ja zuvor von Veres Rivne transferiert hatte) wohl innerhalb weniger Wochen pleite.
Karpaty gehört zu den Clubs, die im Grunde sogar noch über etwas eigene Substanz verfügen. Es gibt bescheidenen Grundbesitz (das Stadion „Progress“ und ein Trainingsgelände vor der Stadt) und einen eigenen Fan-Shop mit Museum. Das nützt nur wenig, wenn für den laufenden Betrieb Einnahmen nötig sind, und die erwirtschaftet im unteren Drittel derzeit kein einziger UPL-Club, und Präsident Petro Dyminskyj zahlt seit bereits eine ganze Weile nicht mehr.
Als Ausweg aus dem Dilemma ruhen die Hoffnungen vieler auf der Möglichkeit, gesichert durch eine langfristige und günstige Pacht des Stadions „Ukrajina“ das Stadion zu modernisieren (weniger Plätze, ein echtes Fußballstadion) und auf dem umgebenden Gelände ein kommerzielles Zentrum mit Gastronomie, Vergnügungsmöglichkeiten, Geschäften etc. zu errichten, wodurch eine neue Geldquelle erschlossen werden könnte. Natürlich wäre der Hauptverdiener hier Petro Dyminskyj, aber es fiele wohl immerhin ausreichend Geld ab, um den Verein am Leben zu halten.
Leider hat sich zu diesem Thema eine Art Seifenoper mit dem Bürgermeister, den Mitgliedern des Stadtrats, hier besonders Rukh-Präsident Hrihorij Koslowskyj, sowie dem Club als Protagonisten entwickelt: zunächst wurde die Pacht vom Stadtrat abgelehnt, dann wurde beschlossen, dass die Stadt Lviv den Club übernähme, dann wollte sie wieder doch nicht, der Club gab bekannt, er sei für 1 Hryvna zu haben, nur selbst das ist Investoren zu teuer, und so hängt nach wie vor alles in der Luft. Dass aktuell angesichts der Coronavirus-Pandemie wohl niemand dieses Thema priorisiert, ist nur zu verständlich, macht die Sache aber auch nicht besser.
Einen wichtigen Einfluss auf die finanzielle Lage des Clubs hat natürlich auch die Frage, in welcher Liga man in der nächsten Saison spielen wird. Der aktuelle letzte Platz bedeutete den automatischen Abstieg, sollte jetzt ein Schlussstrich gezogen werden. Nur steht immer noch völlig in den Sternen, wann es weitergehen soll. In der Ukraine ist die Ausbreitung des Virus gegenüber Zentraleuropa etwas verzögert, weswegen sehr unwahrscheinlich ist, dass im April wieder gespielt werden kann. Wahrscheinlicher ist, dass die aktuelle Zwangspause sich noch bis in den Sommer oder sogar noch länger hinauszieht.
Ab irgendeinem Punkt könnte man darüber nachzudenken beginnen, einfach die aktuelle Saison mit der kommenden zusammenzulegen und damit erst im Frühling nächsten Jahres zu beenden – wenn dann noch ausreichend Clubs da sind, die die Spiele überhaupt austragen könnten.