Vor einigen Tagen erreichte uns die Nachricht, dass beim Justizministerium eine juristische Person, „FC Karpaty“, registriert wurde, ein neues Projekt unter der Leitung von Generaldirektor Stepan Yurshchyn. Die sozialen Netze reagierten mit Heiterkeit und spotteten, dass nun in der nächsten Saison die Druha Liha [ukr. 3. Liga] Gruppe „A“ nur noch aus Vereinen namens „Karpaty“ bestehen würde. Wir helfen Ihnen, sich nicht im Gewirr dreier „Karpaty“ zu verlieren.
Ein Gastkommentar aus Brutalnyj Futbol.

Bevor wir nun erklären, wo sich welche Karpaty befinden, ist es notwendig, die Pyramide des Clubs zu verstehen, welche während der Präsidentschaft von Petro Dyminskyj existierte. Bei Karpaty gab es zwei untergeordnete Einheiten, die sich mit der Ausbildung der selben, bekannten „Karpaty-Kader“ befassten – die Akademie und die Schule. Tatsächlich werden sie in den Medien oft durcheinandergebracht und missverstanden, wer wo ist. Die sogenannte „Karpaty-Akademie“ ist ein Kinder- und Jugendteam „UFK-Karpaty“. Einfach ausgedrückt, der Lviver Club hat einen Vertrag mit der „Lviver Schule der Körperkultur“. Tatsächlich handelt es sich dabei um Tauschhandel: Die Schule stellt Infrastruktur zur Verfügung (zum Beispiel haben Kinder aus der ganzen Ukraine die Möglichkeit, in einem Internat zu leben) und Personal, während der Club Trainern mit Gehältern hilft, notwendiger Ausrüstung und Trainlingslager für zukünftige Schüler organisiert.
Die „Karpaty-Schule“ ist die frühere spezialisierte Kinder- und Jugendschule der Olympischen Reserve. Sie hatten einen dem mit „UFK“ ähnlichen Vertrag mit Karpaty und gingen dann in der Struktur des Clubs auf. Der Unterschied zur „Akademie“ besteht darin, dass Kinder in der Schule nicht leben, sondern in speziellen Klassen oder Gruppen lernen. Tatsächlich sind dies die Kinder der „einheimischen“ Lemberger. Die Motivation von „Karpaty“ war klar: Sie „übernahmen“ eine fertige Schule, die ihnen Kinder und finanzielle Prämien von der UEFA in Höhe von 450.000 Euro gab. Einer der Hauptmanager der Schule ist der oben erwähnte Stepan Yurshchyn, der nun Karpaty gegen Oleh Smalijchuk „erneuert“.

Blicken wir kurz auf den Beginn des Jahres zurück, erinnern wir uns an die Chronologie der Ereignisse, als Karpaty begannen, einen steilen Hang herabzustürzen. Um den Verein vesammelten sich die Hyänen, und es war schwer zu verstehen, wer dem Team wirklich beim Überleben helfen, wer ganz einfach nur PR machen und wer sich eine bekannte Marke für seine persönlichen Ambitionen schnappen wollte.
Es gab drei Charaktere, die sich als „Kandidaten“ für den Retter des Clubs bewarben – Oleh Smalijchuk, der die Anteile Petro Dyminskyjs kaufte und de facto Präsident wurde, aber de jure nur zur Hälfte; Hryhorij Koslowskyj „mit zwei Herzen in seiner Brust – halb Karpaty, halb Rukh“; und natürlich der Bürgermeister der Stadt, Andrij Sadowyj, für den sich zum vierten Mal die Bürgermeisterwahl näherte.
Wir folgen nun aufmerksam dem Hütchenspiel der Ereignisse in chronologischer Reihenfolge.
- Februar 2020. „Karpaty“ sind noch ohne Smalijchuk. Der Club funkt SOS und erklärt sich bereit, Unternehmensrechte auf die Stadt zu übertragen. Der Stadtrat nimmt einen Antrag zur Schaffung eines Volksteams „Karpaty“ an. In der Halle erklingt ein Vorschlag des Abgeordneten des Stadtrats und Eigentümers des damals in der Perscha Liha [ukr. 2. Liga] spielenden Clubs „Rukh“, 50 Millionen Hryvnya pro Jahr für die Erhaltung von „Karpaty“ aus der Stadtkasse bereitzustellen. „Und es wird Sponsoren geben“, versichert Koslowskyj.
- Ende Mai gab der FK Karpaty bekannt, dass Petro Dyminskyj seinen Anteil an den ehemaligen Vizepräsidenten des Clubs, Oleh Smalijchuk, verkauft habe. Der Medienkrieg zwischen Smalijchuk und Koslowskyj beginnt. Smalijchuk bietet Rukhs Ligakonkurrenten Geld für Punkte gegen Koslowskyj Team an, damit es den Aufstieg in die UPL verpasse.
- 30. Juni. Sadowyj trifft sich mit Smalijchuk, woraufhin er eine vage Erklärung abgibt, dass die Stadt bereit sei, den Verein zu fördern und Karpaty in den wichtigsten Ligen sehen wolle.
- 2. Juli 2020. Andrij Sadowyj spricht nun nicht mehr von der Finanzierung des Proficlubs, sagt aber, dass die Stadt bereit sei, die Karpaty-Schule zu übernehmen.
- Am 30. Juli trifft sich Oleh Smalijchuk mit den Eltern der Schüler der Schule, die seit März nicht mehr finanziert worden ist. Es gibt eine schwierige Diskussion, in der die Parteien keinen Konsens erzielen. Die Schule beschließt, die Struktur von Karpaty zu verlassen.
- Am 4. September gründen die Abgeordneten eine städtische Kinder- und Jugendfußballschule „Karpaty 1963“ , die unter die Zuständigkeit der Sportabteilung des Stadtrats von Lviv fällt.
- Am 14. Oktober wird der „FK Karpaty LLC“ unter der Leitung von Stepan Yurchyshyn registriert, der auch stellvertretender Direktor der Karpaty Kinder- und Jugendschule ist.
Was haben wir noch? Auf der einen Seite gibt es Oleh Smalijchuk, der versucht, ein der Öffentlichkeit bekanntes System umzusetzen, das aus mehreren Kernpunkten besteht: a) Warten auf das Geld für Jorge Carrascal; b) die juristische Person des bestehenden Clubs ins Nirvana schicken c) sein anderes Projekt „Karpaty“ Halytsch-Burschtyn in Lviv registrieren; d) die Schulden der „untergegangenen“ FK Karpaty begleichen; e) Wiederherstellung der Unternehmensrechte und Rückgabe des Wappens des alten FK Karpaty an eine neue juristische Person. Dies wäre das Vorgehen in einer idealen Welt.
Dieser Plan hat jedoch mehrere kritische Punkte. Das erste ist, dass es Oleh Smalijchuk höchstwahrscheinlich nicht gelingen wird, „Karpaty“ nacl Lviv zu übertragen. Dadurch, dass er sich mit Koslowskyj zerstritten hat, hat er sich die Tür zum Lviver Fußballverband verschlossen, der über die Aufnahme des Vereins entscheidet. Der Leiter des des Fußballverbands ist Oleksandr Shevchenko, ein ehemaliger Vizepräsident von Rukh. Im August sagte er offen, dass er gegen dieses seiner Meinung fragwürdige Schema sei.
Der zweite Punkt. Der Prozess der Wiederherstellung von Karpaty hat begonnen, und Oleh Smalijchuk mit Serhiy Bolotnikov, Dmytro Kopij und Rostyslav Yashchyshyn stehen, so wie es scheint, tief im Abseits. Tatsache ist, dass der von Yurchyshyn geschaffene FK „Karpaty“ gerade auf der Grundlage der kommunalen Schule „Karpaty“ aufgebaut wird, die Smalijchuk verloren hat. Dies ist ein ziemlich starker Schritt des neuen Clubs – sowohl in Bezug auf das Image als auch im Sinne der Langlebigkeit der Traditionen, da die Gesichter des neuen Clubs diejenigen sind, mit denen Karpaty assoziiert werden.
Laut Quellen aus dem Umfeld des neu geschaffenen FK „Karpaty“ wird das Team bald seinen Weg beschreiten, beginnend mit regionalen Wettbewerben, im Frühjahr werden „Karpaty“ sich für die Amateurliga bewerben, von wo sie in die Druha Liha aufbrechen werden. Derzeit sind acht Spender bereit, den Club finanziell zu unterstützen. Das Team wird von Andrij Tlumak und Andrij Sapuha [derzeit Cotrainer bei Volyn‘] trainiert.
Es wird erwartet, dass die Karpaty-Schule den neu gegründeten Verein unterstützt und mit Schülern versorgen wird, wenn er in im Profifußball spielt.
Jetzt hat die Schule „Karpaty“ eine Vereinbarung mit dem FC „Rukh“ unterzeichnet. Dies wurde uns vom Direktor der kommunalen Kinder- und Jugendsportschule für Fußball „Karpaty“, Ihor Savitskyj bestätigt.
Ihm zufolge sollten sich die Schulabsolventen entwickeln, wofür es notwendig ist, die einzelnen Stufen in der Clubstruktur zu durchlaufen. Und für die Zeit, bis die neuen „Karpaty“ den Marsch durch den Amateurfußball vollendet haben, hat – wen wundert es? – „Rukh“ die Hand ausgestreckt.
Oleh Smalijchuk wiederholt gerne den Satz: „Es ist nicht wichtig, wer Dein Gegner ist. Wichtig ist, wer an Deiner Seite steht“ Nettes Instagram-Zitat, aber in seinem speziellen Fall scheint das nicht zu gelten. Smalijchuk steht ein bedeutender Anteil der Karpaty-Veteranen und -Legenden gegenüber, die ehemaligen Kinderschule, der Lviver Fußballverband, Hryhorij Koslowskyj und der Stadtrat. Sie alle arbeiten daran, neue „Karpaty“ zu schaffen. Übrigens, wenn Sie Oleh Smalijchuk glauben, dann ist Petro Dyminskyj nicht mehr neben ihm, sondern gegenüber.
Auf „Bombardyr“ sagte Serhiy Bolotnikov, Direktor für strategische Entwicklung bei Karpaty, man dürfe ihn als Betrüger bezeichnen, sollten er und Oleh Smalijchuk das Geld für Jorge Carrascal nehmen und damit den Club verlassen. Jedoch ist bisher nicht klar, welche Auswege aus der Situation für sie angemessen sind: Dafür, ein weiteres „juristisch sauberes“ Team ohne Schulden in Lviv zu gründen, ist es nun zu spät. Die Variante einer Rückkehr Kolomojskyjs wird von vorn herein schon einmal nicht in Betracht gezogen.
Smalijchuk übernahm die Kontrolle über den Club und verließ sich auf PR, Exzentrizität und ein Team von Medienleuten. Tatsächlich hat das jedoch nichts mit der Führung eines Fußballclubs zu tun. Angesichts des Widerstands ernsthafter Leute, die ihre Zeit nicht auf Werbespielchen verschwenden, sondern Probleme auf höheren Ebenen regeln, hat sich der Miteigentümer von „Karpaty“ in Zugzwang versetzt, und jeder weitere Zug bringt ihn einer Niederlage in der Partie näher.
Die Situation um Karpaty ähnelt jetzt dem Meme aus Spider-Man, in dem alle mit den Fingern aufeinander zeigen. Die Fortsetzung der „Karpaty“-Serie wird zweifellos spannend.
Ironischerweise beckleckern sich, während man in Lviv darüber streitet, wer nun Karpaty wieder herstellen wird, Rukh und [FK] Lviv am Ende der UPL-Tabelle gerade nicht mit Ruhm. Wann werden wir uns wieder mit Fußball beschäftigen, meine Herren?
Quelle: Brutalnyj Futbol, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung